Die Rose

[236] Christian Weisens drei klügsten Leute. Leipzig 1684. S. 234.


Die Rose blüht, ich bin die fromme Biene,

Und rühre zwar die keuschen Blätter an,

Daher ich Thau und Honig schöpfen kann,

Doch lebt ihr Glanz und bleibet immer grüne,

Und also bin ich wohlgemüth,

Weil meine Rose blüht.


Die Rose blüht, Gott laß den Schein verziehen,

Damit die Zeit des Sommers langsam geht,

Und weder Frost noch andere Noth entsteht,

So wird mein Glück in dieser Rose blühen,

So klingt mein süßes Freuden-Lied:

Ach, meine Rose blüht!


Die Rose blüht, und lacht vor andern Rosen

Mit solcher Zier und Herzempfindlichkeit,

Daß auch mein Sinn sich zu der Pflicht erbeut,

Mit keiner Blum im Garten liebzukosen,

Weil Alles, was man sonsten sieht,

In dieser Rose blüht.[236]


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 1, Stuttgart u.a. 1979, S. 236-237.
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