Gastlichkeit des Winters

[36] Mündlich.


Der Winter ist ein scharfer Gast,

Das merkt ich an dem Dache;

Mein Lieb gab mir ein Kränzelein

Von Perlen fein,

Das hab ich von ihr tragen

An meinem Bart und Kragen.


Der Sommer ist ein sanfter Gast,

Es tröpfelt von dem Dache;

Mein Lieb gab mir ein Kränzelein

Im Sonnenschein,

Da ist es aufgethauet,

Von Eis war es erbauet.


Ja traue nur dem Schleicher nicht,

Viel lieber scharfe Worte;

Der Sommer giebt wohl Kränzelein

Von Blumen fein,

Zu ihr kann ich nicht gehen,

Vom langen Tag gesehen.


Zu Ostern, als die Fasten aus,

Da längerten die Tage,

Mein Lieb gab mir ein Unterpfand,

Zween Aermlein blank,

Darin sollt ich mich rüsten,

Zu unsres Winters Lüsten.[36]


Was acht ich der Waldvöglein Sang,

Und aller Kläffer Zungen;

Lieg ich in meinen Aermlein blank,

Ich weiß ihr Dank,

Ich kann von ihr dann träumen;

Wie lange wird sie säumen?


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 1, Stuttgart u.a. 1979, S. 36-37.
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