Keuzlein

[219] Mündlich.


Ich armes Keuzlein kleine,

Wo soll ich fliegen aus,

Bey Nacht so gar alleine,[219]

Bringt mir so manchen Graus:

Das macht der Eulen Ungestalt,

Ihr Trauern mannigfalt.


Ich wills Gefieder schwingen

Gen Holz in grünen Wald,

Die Vöglein hören singen

In mancherley Gestalt.

Vor allen lieb ich Nachtigal,

Vor allen liebt mich Nachtigal.


Die Kinder unten glauben,

Ich deute Böses an,

Sie wollen mich vertreiben,

Daß ich nicht schreien kann:

Wenn ich was deute, thut mir's leid,

Und was ich schrei, ist keine Freud.


Mein Ast ist mir entwichen,

Darauf ich ruhen sollt,

Sein Blättlein all verblichen,

Frau Nachtigal geholt:

Das schafft der Eulen falsche Tück,

Die störet all mein Glück.


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 1, Stuttgart u.a. 1979, S. 219-220.
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