5. Romanze

[397] Der König lag in seinem Bett,

Des Nachts seltsam Gedanken hätt,

Und seine Gedanken gingen ein

In seiner Base Schlafkämmerlein,

Und immer schwerer kamen wieder,

Wie Bienen ziehn vom Schwärmen nieder.


Am Morgen schickt er seinen Zwerg,

Zu Peter Herrn von Stauffenberg:

»Die Base mein von hoher Art,

Die Fürstin, jung und reich und zart,

Die will ich geben euch zum Weib,

Mit ihrem Kärntnerland und Leut.«


Kein Wort kam aus den Ritters Mund,

Erschrocken stand er da zur Stund:

»Mein Red halt mir für keinen Spott,

Und nimm hiemit zu Zeugen Gott,

Daß es mein ewger Ernst fürwahr,

Daß euer die Fürstin ganz und gar.«


Herr Peter sprach mit großen Treuen,

Der hohe Lohn könnt ihn nicht freuen,

Wie er der Meerfey schon verlobt,

Der Untreu sey der Tod gelobt,

Sonst sey er frey von Noth und Leid,

Mit Gut und Geld von ihr erfreut.[397]


»Weh eurer Seele an dem Ort,

Sie ist verloren hier und dort,

Seht Gottes Auge nimmermehr,

Wenn ihr euch nicht von ihr abkehrt;

Sollt ihr 'nen Geist zum Weibe haben,

Nie werden euch die Kinder laben.


Dem Teufel seyd ihr zugesellt,

Ihr armer Mann! Ihr theurer Held!«

So sprach der Bischof und der König,

Der Ritter sagt darauf zum König:

»Es geht mir tief zu meinem Herzen,

Und Gottes Gnad will nicht verscherzen.«


Herr Peter ward verlobt sogleich,

An Gold und edlen Steinen reich,

O heller Glanz der Jungfrau fein,

Wem strahlet er mit Freudenschein.

Nach Stauffenberg sie ziehen fort,

Zu feyern ihre Hochzeit dort!


Ihr düstren Wälder auf dem Wege,

Was streckt die Aeste ihr entgegen,

Viel froher Schaaren ziehen ja,

Mit hellem Klange fern und nah,

Mit bunten Bändern, Scherz und Streit,

Ist alles Lust, ist alles Freud.


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 1, Stuttgart u.a. 1979, S. 397-398.
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