Das schwerste Leiden

[394] Albertini Narrenhatz. Augsburg 1617


Es ist auf Erden kein schwerers Leiden,

Als wann sich einer auf ein neu's muß kleiden.

Ein neues Paar Schuh,

Ein Wammes darzu

Ein Rock dabei, hat kein Falten.

Die Hosen sind hinten und vorne zerspalten,

Die Strümpf hängen wohl über die Schuh,

Gleichwie ich auch thue,

Hab ich kein anders zu kaufen.


Wann ich über die Gassen gehe,

Der Wind thut mir von Herzen wehe,

Man siehet mir hinten und vorne ein,

Das stehet nicht fein,

Ein jeder thut meiner lachen.


Linz ist gar eine feine Stadt,

Darin es gar viel Schneider hat,

Hätt' ich Geld, so zöge ich hinein,

Und kaufet ein.

Also muß ichs lassen bleiben.[394]


Also geschicht den kostfreien Gesellen,

Wann sie stets banketieren wöllen,

Fressen und saufen wohl bei dem Wein,

Wollen die besten seyn,

Für einen jeden thun sie auszahlen.

Dies Liedlein ist den jungen Gesellen gemacht;

Die gern spaziren gehn bei der Nacht,

Wenig erwerben,

Und viel verderben.


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 2, Stuttgart u.a. 1979, S. 394-395.
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