1.

[221] Ein mal lag ich

In Schlafes Qual,

Mich däucht ich war

Auf einem Berg

Vor eime königlichen Pallast,

Der war durchhauen pur

Nach meisterlichen Sinnen,

Bildwerk zierlich

Stand überall

Am Pallast stolz,

Der war von Marmorquader;

Fein war das Dach

Von Kupfer braun,

Berillen klar

Das Fensterwerk.

Zu oberst von der Burg her glast

Von Gold ein Sonnenuhr,

Gülden waren die Zinnen.

Ringweis ich sah

Darum einen Zaun

Von Zederholz,[221]

Die Pforte war Albater.

Ich trat auf die Schlagbrücke,

Und sah ein Tanz

Von minniglichen Bilden

In diesem Pallast schön;

Da gieng ich stehn

Zu dieser Pforten,

Und blickte heimlich hinein,

Die klaren Aeuglein spielten,

Freundliche Wort

Wurden gehort.

Die adelichen Jungen

Nach den Trometen (Flöten)

Höfelich sprungen,

Ihr jedes hat

Von Sammt ein Wad,

Ein köstlich Schauben,

Ring, Ketten, goldne Borten.

Heidnisch war der Frauen Geberd,

Darauf jede mit Rosenkränz;

Der Männer fürstliches Gewand,

Von Sammet, Seiden und Taffant,

Damast und gulden Stücken

Von Perlen glänzen, Kränzen

Auf den Hauben.

Im Herzen mein

Dacht, mögt ich bei der Schaare sein!

Ich wolt mich mischen unter sunder

und that gehn,

Das war mir frei gelücken.


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 2, Stuttgart u.a. 1979, S. 221-222.
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