Von dem Hammen von Reystett, wie ihn der Peter von Zeytenen gefangen hat

[172] Altes fliegendes Blat von H.F. Gräter.


An einem Montag es geschah,

Daß man Hammen von Reystett reiten sah,

Durch einen grünen Walde,

Peter von Zeitenen begegnet ihm balde.


Alsbald er Junker Hammen ersah:

Ja Hammen Gott geb dir ein guten Tag,

Und einen guten Morgen,

Du reitest in grossen Sorgen.


Hammen gieb dich willig darein,

Deren von Ulm must du Gefangner seyn,

Woltest mir mein Hütlein rucken,

Das dein will ich dir zucken.[172]


Peter, wenn es nicht anders mag seyn,

So bitt ich dich durch den Adel mein,

Zieh aus dein scharfen Degen,

Nimm mir mein edles Leben.


Hammen das thu ich nicht,

Dein edles Leben nehm ich nicht,

Ich will dich weder hauen noch stechen,

Die von Ulm müssen mich rächen.


Sie banden ihm Händ, sie banden ihm Füß,

Und warfen ihn auf ein hohes Roß,

Und eilten mit ihm sehre,

Sie furchten viel Landsherren.


Dem Fräulein von Oesterreich kam die Mehr,

Wie Hammen zu Ulm gefangen leg,

Es wollt nicht länger beiten,

Gen Ulm wollt sie bald reiten.


Da sie gen Ulm eine reit,

Der Burgermeister ihr entgegen schreit:

Nach adelichen Sitten

Werd ihr für Hammen bitten.


Das Fräulein auf das Rathhauß trat,

Der Bürgermeister neben ihr saß,

Ihr seyd meine gnäd'gen Herren,

Das Fräulein sollet ihr ehren.


Dem Fräulein ward all ihr Bitt verziehen,

Es blieb der ganze Rath verschwiegen,

Das Urtheil ward gegeben,

Daß Hammen nicht blieb am Leben.[173]


Das Fräulein auf zum Thurme trat:

Ach Hammen Gott geb dir ein guten Tag,

Und einen guten Morgen,

Du liegst in grossen Sorgen.


Hammen gieb dich willig darein,

Es geht dir an das junge Leben dein,

Ich bin vor den Rath getreten,

Und hab für dich gebeten.


Genade mir Frau von Oesterreich,

Dir werde Gott vom Himmelreich

Bewahr euch eure Ehre,

Euch und andern Fräulein mehre.


Ich bitt euch also fleissiglich,

Betet für mich, daß man mich

Laß einmauern, so will ich schliessen

Mein Leben dann mit Büssen.


Das Fräulein die Red vor die Herren bracht,

Das Fräulein ward von ihnen veracht,

Kein Gnad mocht sie erwerben:

Jungherr Hammen muß sterben.


Da man Hammen aus dem Thurm führt,

Man legt ihm an einen grauen Rock,

Man zog ihm aus seine Schuhe,

Seine Sünd thaten ihm sehr reuen.


Da Hammen vor des Herrn Marterbild kam,

Nun höret zu was Hammen sprach,

Er fiel nieder auf seine Knie,

Er bat die Gemein, daß man ihm verziehe.[174]


Meister laß mir wohl der Weil,

Meister ihr sollt mich nicht übereiln,

Ich will euch ritterlich halten,

Den werthen Gott lasset walten!


Da man Hammen sein Haupt abschlug,

Bald man ihn zu einem Borne trug,

Man legt ihn dahin mit Fleisse

In zwei Leilachen waren weisse.


Man legt ihn auf einen hangenden Wagen,

Man that ihn zu seinen drey Schwestern tragen,

Durch einen grünen Walde,

Zu seinen drey Schwestern balde.


Die jüngste Schwester das vernahm,

Daß da ihr todter Bruder kam,

In einer kurzen Stunde

Dreymal war ihr geschwunden.


»Ihr Herren von Ulm wie ist euch so gach,

Fürchtet ihr nicht noch grössre Schmach,

Die euch daraus möcht kommen,

Ueber euch und eure Frommen.


Ihr Herren wisset was das bedeut,

Das Kindlein in der Wiegen leit,

Das noch kein Wort kann sprechen,

Sein Vater den muß es rächen.«[175]


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 2, Stuttgart u.a. 1979, S. 172-176.
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