In der wüsten Heide

[92] Allhier in dieser wüsten Haid

Wohnt keine Seele weit und breit,

Die wilden Thier allein,

Die seh ich selbst Mitleiden tragen,[92]

Die Vögel traurig seyn,

Und mich mit schwacher Stimm beklagen;

Die kalten Brunnen stärker fließen,

Viel Thränen gleichfalls zu vergießen.


Nein, Wälder, Wiesen, Feld und Thal,

Hör ich beklagen meinen Fall,

Sie fühlen meine Pein;

Die Schafe wollen nicht mehr weiden,

Du Delia allein,

Wirst nicht bewegt durch meine Leiden,

Du Wonn und Zier der Schäferinnen,

Du strenge Fürstin meiner Sinnen.


Und laß ich diese grüne Welt,

Ist meine Treu doch fest gestellt,

Die Liebe mein zu dir,

Hab ich an manchen Baum geschnitten,

Da liest man für und für,

Was ich für Angst und Pein erlitten;

So lang Arkadia wird stehen,

Soll auch mein Name nicht vergehen.


Es tritt Diana selber hin,

Mein Grab zu machen in dem Grün,

Die Göttin Flora geht,

Sich nach Violen umzuschauen,

Mein Leichstein ist erhöht,

Darein die Nimphen werden hauen:

»Hier hat den Geist dahin gegeben,

Den seine Liebste bracht ums Leben.«[93]


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 3, Stuttgart u.a. 1979, S. 92-94.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Des Knaben Wunderhorn
Ludwig Achim's von Arnim sämtliche Werke: Band XVII. Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder, gesammelt von L. A. v. Arnim und Clemens Brentano. Band 3
Sämmtliche Werke, Neue Ausgabe. Herausgegeben von Bettina von Arnim und Wilhelm Grimm. Band 06: Des Knaben Wunderhorn I und II. - Reprint der Ausgabe von 1857
Des Knaben Wunderhorn Band 2
Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder, gesammelt von L.A.v. Arnim und Cl. Brentano. Neu bearbeitet von Anton Birlinger und Wilhelm Crecelius; ... in Holz geschnitten von C.G. Specht: Band. 1
Ludwig Achim's Von Arnim Sämmtliche Werke: Des Knaben Wunderhorn. T. 3 (German Edition)