9.

[8] Recht wie ein Leichnam wandle ich umher

Zu seiner Thüre Nachts und seufze schwer,

Aus meiner Brust an Trost und Wohlseyn leer.[8]


Mein Athem stöhnet wie ein Fichtenwald,

Ein Unglückszeichen mein Gesang erschallt,

Daß alle Nachbarn sich ergrimmen bald.


Sie lärmen, nicht zu hören all mein Weh,

Sie nehmen Umweg, daß mich keiner seh,

Jezt fürcht ich nichts, war scheu sonst wie ein Reh.


Wie von dem Ast im Traum ein Vogel fällt,

So flattre ich des Nachts, so ungesellt;

Ein Unglücksvogel nimmermehr gefällt!


Was soll draus werden? fraget alle Welt.

Was ist die Welt? Wer schuf sie unbestellt?

Die schuf allein, die mich so sehr entstellt.


Ich freu mich, wie mein Fleisch so schwinden thut,

Mein festes Land zerreißt der Strom vom Blut,

Der aus dem Herzen kommt und niemals ruht.


O meine Thränen, keiner schätzet euch,

Ihr seyd den Himmelsgaben darin gleich;

An allem bin ich arm, in euch so reich.


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 3, Stuttgart u.a. 1979, S. 8-9.
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