Wollte Gott

[115] Ein Bremberger. Gedruckt zu Zürich aus 1500.


Meiner Frauen rother Mund,

Der brennt recht scharlachfarb;

Er brennt recht wie ein rothe Ros',

In ihrer ersten Blüth.

Er brennt recht wie der roth Rubin,

In Goldes Farb;

Er brennt recht, wie ein heiße Kohl,

Liegt in des Feuers Glut.


Ihr Hälslein weiß, ihr schwarze Aeuglein klar,

Darzu trägt sie ein goldfarb krauses Haar;

Ihr werther Leib ist weißer als kein Hermelein,

Kein Meister lebt auf dieser Erd,

Der mirs mahlen könnt so fein.


Wollt Gott, wär ich ein lauter Spiegelglas!

Daß sich die allerschönste Frau

All Morgen vor mir pflanzieret;

Wollt Gott, wär ich ein seiden Hemdlein weiß,[115]

Daß mich die allerschönste Frau

An ihrem Leibe trüge.


Wollt Gott, wär ich ein roth Goldringelein!

Daß mich die allerschönste Frau

An ihre Händlein zwinge;

Wollt Gott, wär ich ein Eichhorn traun,

Und spräng auf ihren Schooß,

Von rechter Liebe sie mich in ihr Aermlein schloß.

Sie küßt mich an mein rosenfarbes Mündlein,

Das nehm ich für des Kaisers Gut,

Sollt ich drum desto ärmer seyn.


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 3, Stuttgart u.a. 1979, S. 115-116.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Des Knaben Wunderhorn
Ludwig Achim's von Arnim sämtliche Werke: Band XVII. Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder, gesammelt von L. A. v. Arnim und Clemens Brentano. Band 3
Sämmtliche Werke, Neue Ausgabe. Herausgegeben von Bettina von Arnim und Wilhelm Grimm. Band 06: Des Knaben Wunderhorn I und II. - Reprint der Ausgabe von 1857
Des Knaben Wunderhorn Band 2
Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder, gesammelt von L.A.v. Arnim und Cl. Brentano. Neu bearbeitet von Anton Birlinger und Wilhelm Crecelius; ... in Holz geschnitten von C.G. Specht: Band. 1
Ludwig Achim's Von Arnim Sämmtliche Werke: Des Knaben Wunderhorn. T. 3 (German Edition)