120.

Bitt-Lied um die vollendung.

[308] Nach dem lied: Eins ist noth, ach Herr, etc.


Hertzog unsrer seligkeiten, zeuch uns in dein heiligthum, Da du uns die städt bereiten Und hier im triumph herum Als deine erkauffte sieg-prächtig wilst führen: Laß unsere bitte dein hertze itzt rühren! Wir wollen dem Vater zum opffer da stehn Und in der gemeinschafft der leiden hingehn.


2.

Er hat uns zu dir gezogen, Und du wieder zu ihm hin: Liebe hat uns überwogen, Daß an dir hangt muth und sinn. Nun wollen wir gerne mit dir auch absterben dem gäntzen natürlichen seelenverderben. Ach pflantze und setz uns zum tode hinzu, Sonst finden wird ewig kein leben und ruh.
[308]

3.

Aber hier erdenckt die schlange Soviel ausflucht überall; Bald macht sie dem willen bange, Bald bringt sie die lust zu fall. Es bleibet das leben am kleinsten offt kleben, Und will sich nicht völlig zum sterben hingeben. Es schützet die besten Absichten noch vor, Und bauet so höhen und vestung empor.


4.

Drum, o schlangen-tretter, eile, Führ des todes urtheil aus, Brich entzwey des mörders pfeile, Wirff den drachen gantz hinaus, Ach! laß sich dein neues erstandenes leben, In unser verblichenes bildnis eingeben. Er zeig dich verkläret und herrlich noch hier, Und bringe dein neues geschöpffe herfür.


5.

Stärcke deinen zarten saamen Der dein männlich alter schafft Daß wir hier in Jesus namen, Stehn vor Gott im jünglings-krafft, Den bösewicht völlig in dir zu besiegen Daß endlich die feinde zun füssen da liegen: So soll aus dem tode das leben entstehn, Und hier noch in völliger mannheit auffgehn.


7.

Lebe dann und lieb und labe In der neuen creatur, Lebens-fürst, durch deine gabe Die erstattete natur. Erwecke dein Paradies wieder im grunde Der seelen, und bringe noch näher die stunde, Da du dich in allen den gliedern verklärst, Sie hier noch des ewigen lebens gewährst.

8.

Gönne uns noch frist auff erden, Zeugen deiner krafft zu seyn, Deinem bilde gleich zu werden, In dem tod zu nehmen ein Des lebens vollkommene freyheit und rechte, Als eines vollendeten Heylands geschlechte. Der unglaub mag dencken, wir bitten zu viel, So thust du noch über der bitten ihr ziel.

Quelle:
Gottfried Arnold, München 1934, S. 308-309.
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