Alles zerstiebt in's Weite und Einer bleibt in der Enge.

[207] Der Furchenbauer hackte seine Handaxt in die Thürpfoste, daß die Wand dröhnte, dann ging er hinein in's Haus. Die Mutter und Ameile standen in der Küche am prasselnden Feuer, sie bereiteten das Festmahl, das dem heutigen Tag sich ziemte. Der Vater ging ohne Gruß an ihnen vorüber nach der Stube. Dort saß der Gipsmüller mit seinen Töchtern beim Dekan, die Mutter kam hinter Vinzenz drein, sie mußte hören was vorging. Sie hörte es nur allzubald, denn der Bauer war rasend ob des widerspenstigen Sohnes. Niemand wagte zu widersprechen außer dem Dekan. Ameile trug das Essen auf. Man setzte sich dazu nieder, aber es däuchte Allen eher ein Leichenmahl denn ein Freudenfest.

Alban war nicht zu Tisch gekommen, er hatte sich gleich nach der Stallkammer begeben, die Mutter hatte nach ihm geschickt, ja sie war selbst bei ihm gewesen, aber er gab Niemand eine Antwort, sondern saß, das Antlitz mit den Händen bedeckt, auf dem Bett.[207]

»Kommt der Bub nicht?« fragte der Vater. Die Mutter wollte Ameile nach ihm schicken, aber der Vater wehrte ab:

»Nichts da, keine guten Worte, ich ruf' ihn und ich will sehen, ob er mir folgt oder nicht.« Er öffnete das Fenster und rief in den Hof hinab:

»Alban, komm gleich 'rauf, Ich ruf' dich!«

Kaum eine Minute verging und Alban trat in die Stube. Das Licht mochte ihn blenden, denn er rieb sich die Augen, alle Röthe war von seinen Wangen gewichen, sein Antlitz war leichenfahl.

Der Dekan und der Gipsmüller allein dankten seinem Gruß, Niemand wagte es ein Wort an ihn zu richten. Nur die kleine Amrei rief:

»Alban, setz' dich hurtig her, die Ahne hat einen ganzen Haufen Schnitz gekocht. Hast du Schnitz auch gern?«

»Und Schnitzgeigerle's,« höhnte der Furchenbauer. Niemand hörte darauf, Alles beschäftigte sich nur mit Amrei und brachte sie immer mehr zum Reden. Ein Jedes fühlte die Erfrischung, daß ein harmloses Gemüth unter ihnen war, das von allem Wirrwarr nichts wußte und wollte. Das Kind fand sich selbstgefällig in die Rolle, daß Alles sich ihm zuwendete und plauderte allerlei kunterbunt durcheinander, Kluges und Albernes, aber Alles wurde belacht. Selbst der Großvater konnte nicht umhin, seine Miene zu einem Lächeln zu verziehen; man sah es ihm aber an, nur die Oberfläche erheiterte sich, in der Tiefe grollte und kochte ein gewaltiger Zorn. Desto glückseliger waren aber[208] die Mutter und Ameile mit dem Kinde. Ein Enkelkind am Tisch der Großeltern schmückt und erheitert denselben mehr als die schönsten Blumen. Das Kind darf reden was und wann es will und Alles wird mit Freude begrüßt und ein Jedes hat zu erzählen, was das Kind heute gesagt und gethan und wie Alles so lieb und gescheit sei. Vor Allem strahlen die Großeltern in Freudenglanz und was einst in dem Kinde aus dämmeriger Jugenderinnerung ersteht, wenn die Großeltern längst nicht mehr sind, erblüht jetzt in diesen als heiteres Ausschauen in eine zukünftige und eine vergangene Welt.

Das Abendessen ging durch das Kind ziemlich heiter vorüber. Nur einmal als Amrei fragte:

»Alban, was machst für ein Gesicht? Bist bös mit mir?« sagte der Vater:

»Der? Der ist viel zu sanftmüthig, der beleidigt kein Kind.«

Man stand auf, Amrei betete vor, die Stimmen der Männer bildeten den dunklen Grundton zu der hellen Stimme des Kindes.

Alban wollte die Stube verlassen, da rief ihm der Vater:

»Da bleibst.«

Alban setzte sich auf die Ofenbank, es gesellte sich Niemand zu ihm, er saß da wie ein armer Sünder. Da sprang Amrei vom Schooße der Großmutter und schmiegte sich an die Knie Albans. Der Vater befahl Ameile, das Kind in's Bett zu bringen, es folgte nur mit Weinen und Alban war's, als jetzt das Kind von[209] ihm genommen wurde, als wär' er nun alles Schutzes beraubt. In der That ging nun auch der Sturm gegen ihn von allen Seiten los. Der Vater erzählte den ganzen Vorgang ziemlich sachgetreu, nur übertrieb er etwas seine heutige wohlwollende Stimmung gegen Alban, und diesem däuchte es nun, daß sie nie Ernst gewesen. Das Schelten und Fluchen des Vaters, das Weinen der Mutter, das Mahnen des Dekans, Alles drang nun auf Alban ein und Alles vergebens, er blieb bei seinem ausgesprochenen Vorhaben.

Ein Feuer, das der Blitz entzündete, kann menschliche Gewalt nicht löschen, so lehrt der allgemeine Volksglaube. Der Gedanke der Gerechtigkeit, der in jener bewegten Zeit wie ein feuriger Funke in die Seele Albans gefallen, war in ihm unauslöschlich. Mitten unter allen Einreden und Ruhestörungen erhob sich sein Herz, nicht in Gier nach Besitz, sondern in einer märtyrergleichen Hingebung an das Unabänderliche. Sein Herz blutete aus tausend Wunden, die ihm Liebe und Haß schlug, und er zagte und zweifelte jetzt keinen Augenblick mehr, er war bereit zu sterben, aber mit dem Bekenntniß der Wahrheit auf den Lippen.

Immer wieder auf's Neue toste es an ihn heran, aber er stand fest, unbeweglich wie ein Fels. Zuletzt kam der Vater zitternd auf ihn zu und schwur, ihm Alles zu verzeihen, wenn er umkehre; er schilderte noch einmal wie es ihm das Herz zerfleische, daß sich das Kind nicht beweisen lasse, wie Unrecht es habe. »Mein Vater selig,« rief er zuletzt, »hätt' nicht so lang mit einem Kind geredet, er hätt' gesagt: das geschieht und[210] da hätt' Keiner mucksen dürfen. Ich will das nicht, du sollst einsehen, daß ich Recht hab', du mußt's einsehen und du kannst, wenn du dich nur nicht verstockt machst. Schau, du willst gegen die ganze Welt gerecht sein, aber gegen deinen Vater nicht. Du weißt nicht, wer dein Vater ist. Dein Vater ist ein Mann, vor dem du den Hut abthun mußt. Ich dürft' für meine Kinder ein glühiges Eisen tragen (die Feuerprobe bestehen). Gott weiß es, wie ich an ihnen ein Vater bin und sein will. Ich weiß besser als du, und wenn du tausend Bücher im Kopf hast, wie's sein muß. Ich will nicht, daß die ganze Welt verlumpen soll und nichts bleibt als Geisenwirthschaft, und kurzum, ich bin tausendmal gescheiter und braver als du, jetzt glaub's oder glaub's nicht.«

Alban verstand sich endlich nur dazu insoweit nachzugeben, daß er sagte:

»Ich thue keinen Schritt, so lang Ihr nichts thut, aber dann auch ohne Widerrede.«

»So soll also auf meinem Grabe mein Gut zerrissen werden?« fragte der Vater weinend vor Zorn. Alban schwieg und die Männer in der Stube mußten abwehren, daß ihn der Vater nicht erdrosselte.

»Red' du, red' du mit ihm,« wendete sich der Bauer an seine Frau, »so red' doch was, du gehörst auch dazu.«

»Mein' Mutter selig hat nie in Mannshändel drein geredet. In den Krieg trag' ich keinen Spieß, hat sie immer gesagt. Wie ihr's ausmachet, muß mir's recht sein. Nur haltet Friede. Bei uns daheim ist's der Brauch, daß –«[211]

»Du bist jetzt nicht in Siebenhöfen, du bist nicht daheim –«

»Das merk' ich an deinem teufelmäßigen Schreien und Toben.«

Wie von einem Blitz durchzuckt standen Mann und Frau plötzlich still, sie merkten, daß vor den Kindern, vor fremden Menschen, ein Widerstreit zwischen ihnen zu Tage gekommen war, der tief in ihnen Beiden wurzelte. Die plötzlich eintretende Stille machte die scharfe Widerrede noch schärfer. Alban wendete sich nach der Thür und diese Bewegung des Sohnes zeigte den Eltern auf's Neue was geschehen war und sprach den härtesten Vorwurf aus.

Alban verließ die Stube, die Mutter wollte ihm folgen, aber der Vater hielt sie zurück und so heftig, daß sie laut schrie.

Der Dekan erklärte, daß er am Morgen früh wieder abreise, der Gipsmüller verließ mit seinen Töchtern bald das Haus.

Am Morgen führte ein Knecht den Dekan nach der Stadt, Alban wirthschaftete im Hause umher als wäre gar nichts geschehen; er schien den Plan in der That ausführen zu wollen, bei Lebzeiten des Vaters keinen öffentlichen Widerstreit anzufachen. Der Bauer stand in der Stube und sah, die heiße Stirne an die Scheiben gedrückt, dem widerspenstigen Sohne zu. Ein Gedanke durchfuhr ihn und er bäumte sich hochauf. Er trat zu Alban und befahl ihm einen Sack Kartoffeln aufzuladen und sie in den Keller zu tragen. Alban gehorchte, der Vater folgte ihm, er befahl ihm den[212] Sack in einem abgesonderten Verschlage auszuleeren. Kaum war Alban darin, als der Vater hinter ihm zuriegelte und ein Schloß vorlegte.

»Was soll das?« fragte Alban.

»Ich will dich in Schatten stellen, daß dich die Sonne nicht verbrennt.«

Mit einem heftigen Griff und noch einem riß Alban das Lattenwerk zusammen und stieg heraus; aber jetzt faßte ihn der Vater und warf ihn zu Boden.

»Vater, was ist das?« rief Alban; »Vater, es ist Keiner in der ganzen Gegend, der mich zwingen kann, Ihr könnet's, weil ich mich nicht wehren darf. Lasset los, auf diese Art zwinget Ihr mich nicht, so nicht.«

»Aber so,« keuchte der Furchenbauer, er hatte sich sein Halstuch abgeknüpft und band damit Alban die Hände zusammen, dann schwur er, ihn nicht an's Tageslicht zu lassen, bis er nachgebe.

»Du bist mit dabei gewesen,« schloß er, »wie ich gehört hab': in alten Zeiten hat der Vater über Leben und Tod seiner Kinder richten können. Ich bin noch aus der alten Welt. Ich will dir zeigen, daß ich's bin.«

Er sprang behend die Treppe hinauf und wälzte mit ungewohnter Kraft ein Faß und mehrere Kartoffelsäcke auf die Fallthüre.

Während dieß im Keller geschah, hatte die Bäuerin ihre große Noth im Hause. Bettelleute aus allen Himmelsgegenden waren angekommen, denn es war bräuchlich, daß der junge Lehnhold allerlei Geschenke bei der Gutsübernahme austheilte. Die Obedfüchti spielte lustige Tänze vor dem Haus. Die Bäuerin fand[213] keinen Glauben, daß ihr Mann noch nicht abgebe und sie brachte sich die Leute erst vom Halse als sie Mehl und Schmalz und Brod und Kartoffeln unter sie vertheilte. Sie seufzte endlich erlöst auf, da trat eine neue Gestalt ihr vor die Augen.

»Dominik, was thust denn du da?«

»Ich hab' gehört, daß, daß –«

»Daß Untereinander bei uns ist und da willst du ihn noch vergrößern?«

»Nein, ich hab' eben sehen wollen, ob man mich nicht brauchen kann. Wenn ich unwerth bin, kann ich schon wieder gehen, aber ich –«

»Ich kann dir nichts sagen, ich weiß selber nicht, ob ich noch da hergehöre, ob ich noch auf der Welt bin, und jetzt kommst du auch noch und jetzt geht die Geschichte mit dem Mädle noch einmal an.«

»Ich hab' mit dem Alban was zu reden.«

»Darf ich's nicht wissen?«

Dominik erstarb die Antwort auf den Lippen, er starrte drein als sähe er ein Gespenst. War das der lebende Furchenbauer oder sein umwandelnder Geist? Wenn er's selber war, hatte er sich in den acht Tagen fürchterlich verändert. Der Furchenbauer sah ihn steif an, seine Lippen zuckten, aber er sprach kein Wort, er wusch sich die Hände in der Küche und sagte endlich:

»Weißt noch Bäuerin? Wir haben einmal den Türkle an den Apostelwirth verkauft gehabt und nach drei Tagen ist er wieder kommen mit dem abgebissenen Seil. Der da ist grad wie der Türkle.«

»Ein Hund bin ich grad nicht,« knirschte Dominik.[214]

»Gehörst aber auch nicht hierher. Willst dir was zu essen holen? Siehst übel aus. Gelt, in Nellingen geht's magerer zu als bei uns?«

»Ich will zum Alban,« sagte Dominik stolz.

»Such ihn wo er ist,« antwortete der Bauer.

Ohne eine Erwiderung abzuwarten ging der Bauer nach der Stube. Dominik ging auch davon, er schaute um und um, aber er sah Ameile nicht. Er stand wieder draußen vor dem Hofe. In einem Acker am Wege grub ein Mann eine Grube, eine sogenannte Miete, um die rings umher aufgehäuften Futterrüben einzukellern. Man sah von dem Manne nichts als seine Mütze und die Schaufeln voll Erde, die er herausschleuderte.

»Guten Tag!« rief Dominik. Der Mann dankte und streckte seinen Kopf aus der Grube heraus, es war Vinzenz. Er war hocherfreut den Dominik zu sehen und schloß damit: »Könntest mir wohl helfen.« Dominik war dazu bereit, sprang rasch in die Grube und ergriff die Haue.

»Wo ist dein Alban?« fragte Dominik während des Arbeitens und Vinzenz erwiderte lachend:

»Ich hab ihn nicht im Sack. Weiß wohl, er ist dir Geld schuldig, er kann dir jetzt baar heimzahlen, er kriegt genug. Wie viel ist er dir schuldig? Soll ich's zurückhalten von seinem Zukommen?«

Dominik verneinte und seine Mienen erheiterten sich. Er hatte jetzt die Gewißheit, daß das Gerücht in jeder Weise gelogen hatte, Alban war so wenig beschädigt als der Furchenbauer, und um jenen war ihm[215] doppelt bange gewesen, denn Vater und Mutter thaten so verlegen als er seiner erwähnt hatte. Der Vinzenz war äußerst frohgemuth und zutraulich gegen Dominik, ja er sagte ihm:

»Wenn du zu mir hältst und den Alban zurechtbringst, da will ich dir was sagen: ich hab' nichts dagegen, im Gegentheil ich helf' dir dazu, wenn dich mein Ameile will, sie kriegt auch ein schönes Vermögen; der Alban heirathet dann sein' Vreni und du und das Ameile ihr gehet Alle mit einander nach Amerika, da könnet ihr euch mit dem Geld einen Hof kaufen, zehnmal so groß als der da, und ihr zwei, ihr seid ja Bauern oben 'raus, ihr könnet den Hof hinstellen, daß es eine Pracht ist. Das ist doch gewiß ehrlich und gutmeinend gesprochen. Kann man aufrichtiger sein? Wenn ich nicht so in dem Unglück wär', ich thät's gleich, ich thät's um den Frieden zu erhalten. Man muß den Vater vor Allem ehren. Ich hab' kein Wort dagegen gesprochen, wie er den Alban zum Lehnhold hat machen wollen, er soll selber sagen, ob ich nur Laut geben hab'; aber jetzt bin ich Lehnhold und jetzt bleib' ich's, und was der Vater festgesetzt hat, muß man in Ehren halten.«

Noch nie hatte Dominik eine so lange und eindringliche Rede von Vinzenz gehört; der in sich gekehrte wortkarge Bursche schien durch seine ausgesprochene Würde plötzlich viel reifer, viel offener und einsichtiger. Dominik machte der Gedanke, daß er einen Beistand im Hause habe, um Ameile zu gewinnen, die Wangen glühen; freilich war Vinzenz nicht der eigentlich genehme[216] und war ihm doch noch nicht ganz zu trauen, aber er ist doch jetzt der eigentliche Herrscher im Hause und an der Seite Ameile's und mit Alban in die weite Welt ziehen, da ist die Ferne nicht mehr fremd, da hat man gleich den liebsten Anverwandten an der Hand. Es war aber eine seltsame und doch natürliche Umbiegung des Gedankens als Dominik jetzt frug:

»Und dir thät's gar nichts ausmachen, wenn deine Geschwister in die weite Welt gingen und du weit und breit Niemand mehr hättest?«

»Was geht denn das dich an?« sagte Vinzenz zornig. »Ich bin zu gutmüthig, daß ich so viel mit dir red'. Ich will den Frieden und ich hab' gemeint du auch. Du vermagst viel beim Alban, mehr als wir Alle, und es wär' dein Glück auch. Ich red' aber nichts mehr. Ich brauch' dich nicht und brauch' keinen Menschen.«

Während Dominik grub, entdeckte er in seiner Seele einen verborgenen ungekannten Schatz: der Hirzenbauer hat Recht, mit der Gutheit allein führt man nichts aus. – Jetzt hatte Dominik ein Mittel, das seinem Verlangen Nachdruck verschaffte, er mußte seinen Einfluß auf Alban verwerthen, er mußte Vermittler, gewiß vor Allem zum Frommen Albans, aber auch zu seinem eigenen sein.

Aus Trübsal heraus und noch mitten in ihr empfand Dominik eine nie gekannte Glückseligkeit; denn nicht nur die begeisterte mit Hingebung erfüllte That erhebt das Herz mit innerster Erquickung: auch das Bewußtsein: die Lebensbegegnisse mit kluger Umsicht zu[217] handhaben und auszubeuten, vermag ein Gleiches. Dominik war in dieser Stunde zum festen Manne gereift, er sah, daß er die Augen besser aufmachen müsse, daß er nicht mehr demüthig und mit Kleinem zufrieden nach innen gekehrt, sondern klug und beherzt sich und seinen Vortheil geltend machen müsse.

Während man die Rüben in die Grube schüttete, kam der Bauer auch herbei. Er stand verduzt.

»Was thust du noch da?« fragte er Dominik und Vinzenz erwiderte:

»Ich hab's ihn geheißen und lasset es dabei, Vater. Lasset nur uns Zwei machen, und Ihr werdet sehen, es geht Alles gut aus. Der Dominik hat was und damit kann er den Alban um einen Finger wickeln.«

»Was denn?«

Halb aus Verschlagenheit, halb auch, weil er doch noch nicht recht wußte, was er sagen sollte, that Dominik sehr geheimnißvoll, aber nichts desto minder zuversichtlich.

Der Bauer sah ihn starr an und ging ohne ein Wort zu reden nach dem Hofe zurück.

Dominik und Vinzenz vollendeten die Miete, der letztere wollte die Sache nur rasch abthun, aber Dominik ließ sich von seiner Sorgfalt nicht abbringen, er bedeckte zuerst Boden und Wände der Grube mit Stroh und schüttete dann die Rüben hinab. Nachdem er sie mit einer Lage Stroh zugedeckt, wollte er für jetzt aufhören, aber seine Einwendung half nichts, daß man noch eine Weile bis es gefriere, die Frucht verdunsten lassen müsse. Vinzenz befahl ihm streng, sogleich Erde[218] darauf zu schütten und er mußte willfahren, er ließ aber trotz Scheltens über sein Besserwissen nicht ab, Strohwische in die Höhlen zu stecken, damit die Frucht nicht ersticke.

Mitten in Unruhe und innerer Hast that Dominik jede Arbeit, die er zur Hand nahm, vollkommen. Wer über solch ein Thun nachdenken mag, wird wissen was das zu bedeuten hat.

Quelle:
Berthold Auerbach: Gesammelte Schriften, 2. Gesammtausgabe, Band 7, Stuttgart 1863, S. 207-219.
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