Dies Kapitel handelt von den Seeweinen, und was für einen die sieben Schwaben zu guter Letz getrunken.

[182] Man erzählt von einem Schwaben, der nach Rom gegangen, daß, als ihm ein wälscher Wirth einen guten Wein vorgestellt, er ihn gefragt habe: was das für ein Saft wäre? Der Wirth sagte: Das sind Christi Thränen. Drauf soll der Schwab die Augen aufgehoben haben gen Himmel, sprechend: O Gott, warum hast du nicht auch in unserm Land geweint! – Der hatte wol nie einen andern Wein getrunken, als Seewein, der füglich »Petri Thränen« heißen mag. – Es gibt aber drei Gattungen von Seeweinen: die erste und beste Gattung heißt der Sauerampfer, schmeckt etwas besser als Essig, und verzieht einem das Maul nur ein bißle und um's Merken; die zweite Gattung heißt der Dreimännerwein, ist schon räßer und saurer als Essig, und heißt so, weil es dabei Noth thäte, daß den, der ihn trinkt, zwei Männer fest hielten, und ein dritter ihm den Trank eingießen thäte; die dritte Gattung ist der Rachenputzer, hat die gute Eigenschaft, daß er Schleim und alles abführt; thut aber dabei Noth, daß, wer sich mit dem Wein im Leib schlafen legt, in der Nacht sich wecken lasse, damit er sich umkehren möge, sonst möchte ihm der Rachenputzer ein Loch in den Magen fressen. – Wie nun die Gesellen in die Wirthsstube kamen, und sieben Schöpple Wein verlangten, fragte der Wirth, was sie für einen wollten, und nannte ihnen die Weine bei ihren Namen. Potz Blitz! sagte der Blitzschwab; ehrlichen Schwaben setzt man keinen Sauerampfer auf; und sieht er nicht, Gispel, daß wir unserer sieben sind? Der Wirth brachte also sieben Schöpple Rachenputzer, vom extrafeinen (er war aber Schliffel genug, um sich ihn als Sauerampfer bezahlen zu lassen); und die sieben Schwaben zechten redliches Dings, und gingen fleißig ab und zu, und tranken lustig fort bis in die späte Nacht[183] hinein. Und der Blitzschwab sang noch zu guter Letz ein Liedlein, das endet:


Mein Gesang will nicht mehr klingen,

Hapus, Hapus, gute Nacht!


Quelle:
Ludwig Aurbacher: Ein Volksbüchlein. Band 1, Leipzig [um 1878/79], S. 182-184.
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