Wie die sieben Schwaben sich aus der Gefangenschaft befreien.

[161] Es sagt aber die Geschichte, daß der Junker von Kronburg Tags zuvor, als ihn eben das Zipperlein plagte,[161] den patriotischen Entschluß gefaßt, zur Aufrechthaltung der Ordnung und Sicherheit im schwäbischen Kreis und zur Beförderung der Aufklärung und Sittlichkeit unter dem gemeinen Volk, ein Zuchthaus zu stiften und in seinem Schloß anzulegen; woher es denn kam, daß er, den Kopf noch voll von diesem Plan, die sieben ehrlichen Schwaben als Spitzbuben ansah und einstecken ließ. Denn sonst war er ein gar niederträchtiger, frommer und milder Herr, der sogar seinen eigenen Bauern nicht mehr Wolle abschor, als er eben nöthig hatte, um sich selbst warm zu kleiden. Und so befahl er denn, daß man den Gefangenen Nahrung reichen sollte, so weit sie des bedürften. Der Spiegelschwab, der ihn wohl kannte, und wußte, daß Schmalhans in dessen Küche und Keller hauste, legte seinen Plan drauf an, welchen er den Gespanen mittheilte. Wie also der Scherg Mittags eine große Pfanne voll Milchspätzle brachte, sagte der Blitzschwab zum Knöpfleschwaben: Die gehört wol für dich. Der Scherg meinte, das sei für alle genug. Der Knöpfleschwab aber sagte: Er wolle lugen, ob's für ihn lange. Und er aß die Pfanne allein aus, so daß er kein gottiges Spätzle leibte, und die Schubet noch zusammen schärrte, als hätt's ein Hund ausgeschleckt. Das hinterbrachte der Scherg seinem Herrn und sagte: Man müßte nur gleich eine Brente voll Spätzle auf einmal kochen, und er wette, es sei noch nicht genug. Da ging der Junker von und auf Kronburg in sich, und meinte, es sei dem schwäbischen Kreis und der Menschheit kein so großes Opfer schuldig, daß er sich aushungern lassen sollte in seinem Schloß um einiger weniger Strolche willen. Und er befahl, die Sieben sollten sogleich in Freiheit gesetzt werden. Der Amtsherr aber gab ihnen wohlweislich noch einen Steckbrief mit, um andere Leute vor ihnen pflichtschuldigst zu warnen.

Quelle:
Ludwig Aurbacher: Ein Volksbüchlein. Band 1, Leipzig [um 1878/79], S. 161-162.
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