Wie die sieben Schwaben von einer Zigeunerin sich wahrsagen lassen.

[139] Die sieben Schwaben hatten aber auf dem Wege dahin noch viele Abenteuer zu bestehen, woran sicher die Zigeunerin schuld war, die alte Hex'. Die saß nämlich außerhalb Kriegshaber an einer Staude am Weg, und kochte ein wunderliches Zeug durch einander. – Knöpfle sind's einmal nicht, sagte der Knöpfleschwab, als er in den Kessel hinein guckte; und der Blitzschwab meinte gar, er sehe auf der schwarzbraunen Brüh statt Pfeffer und Schmalz, Mausdreck und Krötenaugen schwimmen, so daß es ihm fast den Magen im Leibe umkehrte. Der Spiegelschwab aber ging auf die Zigeunerin zu, und sagte: Alte Trampel! du mußt mir wahrsagen. Die besah ihm die Hand, und sagte:


Wer Weiberjoch auf sich muß tragen,

Hat wol von großer Noth zu sagen.


Die Blitzhex redet wahr, sagte der Spiegelschwab, und schob den Gelbfüßler hin. Dem lugte sie auch in die Hand, und sagte:
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Einem, der ist übermannt,

Dem ist das Fliehen keine Schand'.


Die stichelt auf meine Stiefele, dachte er, und sie weiß, daß ich laufen kann. Da die beiden Gesellen mit der Wahrsagerin zufrieden zu sein schienen, so folgten auch die andern. Und zum Seehasen sagte sie:


Ein Ding man leget manchem vor,

Wenn man es thät, der wär ein Thor.


Zum Knöpfleschwaben sagte sie:


Was man erspart an seinem Mund,

Das frißt die Katze oder Hund.


Zum Nestelschwaben sagte sie:


Den Esel kennt man an den Ohren,

An der Red' Weise und Thoren.


Zum Allgäuer sagte sie:


Der Wagen wird nicht wohl geführt,

Wenn Ochsen ungleich angeschirrt.


Bygost! sagte der Allgäuer, das hab' ich selber schon oft erfahren, wenn ich hab' Mist ausgeführt. Die Hex' sieht einem, wägerle! durch das Herz. Der Blitzschwab aber, der tiefer in den Hafen geguckt, wollte mit der Heidin nichts zu schaffen haben, sondern stieß ihr vielmehr den Kessel um und ins Feuer, so daß dieses mit Prasseln auseinander gefahren und ausgeloschen ist. Die Zigeunerin aber, voller Zorn, rief ihm mit schätternder Stimme nach:


Jungfrau Lieb' ist fahrend Hab',

Heut »Herzliebster«, morgen »Schabab«.


Und so konnten denn die sieben Schwaben ihrem Schicksal nicht entgehen.

Quelle:
Ludwig Aurbacher: Ein Volksbüchlein. Band 1, Leipzig [um 1878/79], S. 139-140.
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