Wie die sieben Schwaben zum letzten Mal Mittag halten, und dabei Todesbetrachtungen anstellen.

[178] Ehe sie aber in den Strauß gingen, wollten sie noch eine Herz- und Magenstärkung zu sich nehmen, und der Knöpfleschwab sparte weder Schmalz noch Salz, um das Henkermahl recht appetitlich zu machen. Als sie nun so um die Pfanne herum saßen, und sich die gerösteten Spätzle schmecken ließen, sagte der Allgäuer, indem er einen Seufzer holte, bis vom untersten Zehen herauf: 's ist ein Sach, wenn man bei sich so recht bedenkt, daß man zum letzten Mal in seinem Leben zu Mittag ißt. Das Wort fiel dem Blitzschwaben auf das Herz, und er that auch einen Seufzer, und sang gar kläglich und beweglich für sich hin:


Soll ich denn sterben,

Bin noch so jung, so jung!

Wenn es mein Mädle wüßt,

Daß ich schon sterben müßt,

Sie thät sich grämen

Mit mir ins Grab.


Der Seehaas redete ihnen Muth zu, sagend: Liebe Leute, denkt: Todt hilft aus aller Noth. Wer im Grab liegt, dem ist wohl gebettet. (Aber nicht, wer im Rachen liegt[178] des vermaledeiten Thiers, sagte der Gelbfüßler.) Doch wir wissen ja noch nicht, ob unser Stündle gekommen ist. Der Nestelschwab sagte: Meine Mutter hat mir oft gesagt, daß mein Stündle gar nie kommen werde. Und war noch der Einzige, der sich das Sterben nicht zu Herzen hat gehen lassen. Aber der Allgäuer lugte immer noch finsterer drein, und ließ den Kopf immer tiefer hangen, und holte wieder einen Seufzer, und sagte: 's ist e Sach! und der Knöpfleschwab fing an still vor sich hin zu heinen. Dann holte der Allgäuer zum dritten Mal einen Seufzer, und sagte: 's ist e Sach! in so herzbrechender Weise, daß alle zu flarren anfingen und zu röhren. Nur der Spiegelschwab wußte nicht recht, ob er lachen oder weinen sollte, weil er sah, wie sich der Knöpfleschwab anstrengte, zugleich das Herz zu leeren und das Maul zu stopfen, so daß er ein Gefriß machte, wäre gut gewesen für einen, der die Kinder erschrecken wollte, daß sie die Fraiß bekämen.

Quelle:
Ludwig Aurbacher: Ein Volksbüchlein. Band 1, Leipzig [um 1878/79], S. 178-179.
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