42. Der Korbmacher und seine Frau.

[117] Als der erste Korb fertig war, sagte der Korbmacher zu seiner Frau, die so eben zur Thüre herein trat: Gott Lob! der Korb ist fertig. Die Frau, schon längst überdrüssig des langen Versuchens, sagte schnippisch: es wäre auch einmal Zeit. Das wurmte den Korbmacher; er hob[117] bedächtig eine Wiede vom Boden auf und sprach: Lieb Weib! sag's gutwillig: »Gott Lob, der Korb ist fertig.« Die Frau aber sprach: »Und das thu' ich nicht.« »So will ich dir's lernen,« sagte der Korbmacher, und hieb ihr ein Paar über den Buckel; das Weib schrie Mordio; und über dem Lärmen trat der Nachbar herein und fragte, was es gebe. Der Korbmacher erzählte ihm getreulich die Geschichte, und der Nachbar meinte, um eines Wörtleins willen solle man nicht sogleich mit Fäusten dreinschlagen. Nachdem er also den Mann zur Räson gebracht, ging er nach Haus und erzählte den Handel seiner lieben Ehehälfte. »Des Nachbars Weib hat Recht gehabt,« sagte die Frau; »und ich hätte es an ihrer Stelle auch nicht gethan.« Diese Rede verdroß schier den Hausmann; und es kam hier, wie dort, zuerst zum Hin- und Herwörteln und dann zum Fäusteln. Die Hausfrau erzählte noch in derselbigen Stunde die Geschichte ihrer Nachbarin, und so fort eine der andern im Dorfe noch an demselbigen Tage; und die Weiber, geschwätzig, wie sie sind, erzählten sie ihren Männern, und jede setzte bei: »Und sie hätte es auch nicht gethan an der Korbmacherin Stelle.« Deshalb haben denn auch die Männer alle ihren Weibern also gethan, wie der Korbmacher seiner Frau. Die Sage ging darauf von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt, und in Zeit von einem Jahr haben fast alle Weiber Prügel bekommen von ihren Männern im ganzen heiligen deutschen Reiche. Und noch heutiges Tags, welche Frau der Korbmacherin Recht gibt, die wird von ihrem Manne coram genommen, und das von Rechtswegen.


Merk: Diese und andere Geschichten von bösen Weibern sind wol nur erdichtet von bösen Männern, und werden nacherzählt von guten, z.B. von mir und dem günstigen Leser, um die Weiber zu necken, die man liebt.

Quelle:
Ludwig Aurbacher: Ein Volksbüchlein. Band 2, Leipzig [um 1878/79], S. 117-118.
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