Wie der Spiegelschwab sich für einen Schatzgräber ausgibt, und die Landsberger um ihr Schatzgeld prellt.

[182] Der Spiegelschwab hatte nur noch ein Käsperle im Sack, und wollte doch noch eine weite Reise thun, und in allen Wirthshäusern einkehren, und redlich bezahlen, wann er[182] eben konnte. Wie er denn ein erfinderischer Kopf war, der sich aus allen Nöthen zu retten wußte, so verfiel er auf einen neuen Streich, und wollte den Schatzgräber spielen. Er fragte deshalb Abends den Wirth ganz insgeheim: ob nicht irgendwo ein Schatz verborgen sei in der Umgegend? Der Wirth sagte: »Auf dem Schloßberg, sagt man, soll einer verborgen sein. Den mag aber der Teufel finden, der ihn wol schon hat; ein Christenmensch nicht.« Der Spiegelschwab sagte: »er sei der Mann, der's könne, und er setzte sein letztes Käsperle dran, daß es ihm gelingen werde.« Der Wirth sagte: »Sehen will ich's, dann glaub' ich's.« »Auf ein Käsperle kommt's mir auch nicht an.« Also, sobald die Sonne untergegangen war, brachen die beiden in aller Stille auf und gingen miteinander auf den Schloßberg. Als sie dort angelangt, schritt der Spiegelschwab das weite Gehöfte ab, um, wie er sagte, die rechte Stelle zu finden; dann machte er, unter vielen Ceremonien, ein Loch in die Erde, und sagte dann zum Wirth, »er soll ein Käsperle hinein legen.« Hierauf sprach er – was er noch aus der Principi wußte – mit feierlichem Ernst die Worte: »hic haec hoc, horum harum horum, hibus –;« prakticirte dann insgeheim sein Käsperle zum andern, deckte das Loch zu und machte einen Drudenfuß drauf. »Mit Sonnenaufgang,« sagte er, »wollten sie wiederkehren, und dann werde er zu seinem Käsperle noch ein anderes finden.« Das ist denn auch geschehen. Sogleich suchte der Wirth all sein Schatzgeld zusammen, und seine Freunde, denen er's insgeheim sagte, thaten desgleichen, und der Spiegelschwab war bereit, das Stücklein zu wiederholen, gegen halb Part. Also wurde das Geld des andern Abends eingegraben; und, während die Geister auf dem Schloßberg ihre Schätze herbei schleppen sollten; zechten die Gesellen wacker in der Stadt drunten beim Glockenwirth. Der Spiegelschwab aber schlich sich Morgens durch die benebelten Gäste ungesehen hindurch, und hob frühzeitig genug die[183] Heckpfenninge und ging davon. Also fanden die Landsberger, wie sie dahin gekommen, wol einen Schatz in dem Loch, aber nicht den rechten; und sind mit langen Nasen abgezogen.


Mit Lügen und Listen

Füllt man Kästen und Kisten.


Quelle:
Ludwig Aurbacher: Ein Volksbüchlein. Band 2, Leipzig [um 1878/79], S. 182-184.
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