Vierzehnter Auftritt.

[66] Die Vorigen. Der Baron. Die Baroninn. Das Fräulein. Blumenkranz. Der Hauptmann. Lisette.


BARON. Was der Geyer! ist es wahr Reitbahn, daß du meine Tochter verhandelt hast?

REITBAHN. Es ist alles richtig; die Schäcken sind mein.

BLUMENKRANZ. Cela est bien drôle Madame.

BARONINN. Bien drôle, sagen Sie? – Und wie haben Sie sich unterstehen können, mir einen solchen Affront anzuthun? sagen Sie Herr Major!

MAJOR. Dem Grafen Reitbahn waren meine Schäcken lieber als seine Braut; und ich hätte nicht nur meine Schäcken, ich hätte mein Blut für das Fräulein gegeben.

BARON. Mein Schatz! Nicht der Major, der närrische Reitbahn hat uns beleidigt.

MAJOR. Auch ist das Fräulein noch nicht mein: der Graf steht nur von seinen Ansprüchen ab. Mein Glück hängt nun bloß von Dero Gnade und dem Willen ihrer Fräulein Tochter ab.

BARONINN. Ja, das ist noch das Beste. Erschrecklicher Affront! Graf Reitbahn! schmeicheln Sie sich nicht, daß ihr abscheulicher Handel Statt finden wird. Ich werde Sie verklagen, bey Hofe werd' ich Sie verklagen; und ich will nicht leben, oder eine hinlängliche Genugthuung erhalten.[66]

REITBAHN. Der Handel kann nicht mehr zurückgehen, das ist vergebens. Verklagen können Sie mich, wo Sie wollen. Die Schäcken sind mein.

BLUMENKRANZ. Madame! ich dächte, Sie sollten nicht viel aus der Affaire machen. Geschehen ist sie – und bey Hofe werden Sie nicht viel ausrichten; zumal, wenn ich mich meines Cousins annehme.

BARONINN. So? – Sie hätten also das Herz, eine so schändliche That zu billigen?

BLUMENKRANZ. Was ist daraus zu machen? Bagatelle! eine Braut ist noch lange keine Gemahlinn: und wie Mancher gäbe seine Gemahlinn für einen schönen Postzug hin!

BARON. Blumenkranz! du bist ein gescheider Kerl, aber hier hast du dich verstolvert. Sein Weib gibt man viel leichter weg, als seine Braut – ob ich gleich das meinige um nichts in der Welt verhandelte.

BLUMENKRANZ. Même chose mon frere.

BARONINN. Ach mein Schatz! ich bin vor Schaam und Zorn außer mir.

BARON. Mein Schatz! halte dich nicht lange auf! gib dem Major das Mädchen!

BARONINN. Dem Major? wie sprichst du? hat er die erforderlichen Eigenschaften? – Verzeihen Sie mir Herr Major! man muß weiter denken.

BARON. Ich weiß wohl, was du Eigenschaften nennest. Narrheit, mein Schatz! Geld und Geburt – das sind die Eigenschaften. Wenn auch: ich gebe dem Major, was ich dem Reitbahn gegeben hätte; so wird er gut leben. Und die Geburt – sein Vater war Oberster – von Fortune, aber ein braver Kerl, der dem Staate besser gedient hat, als alle Reitbahne. Nach meinem Urtheil ist der Major hundertmal mehr werth, als der stiftmäßige[67] Hasenfuß; und meine Tochter wird glücklicher mit ihm leben. Was sagst Du dazu Lenorl?

LEONORE. Ach Papa!

MAJOR. Gnädige Frau! sehen Sie mich zu ihren Füßen! Seyn Sie nicht unerbittlich! ich beschwöre Sie, widersetzen Sie sich nicht dem Glück eines Mannes, der ihre Tochter so zärtlich liebt. Was mir an Glücksgütern fehlt, das werd ich zeitlebens durch meine zärtliche Liebe, durch meine Rechtschaffenheit zu ersetzen trachten.

LEONORE die ihr auf einen Wink des Barons ebenfalls zu Füßen fällt. Gnädigste Mama! erlauben Sie, daß ich meine Bitte mit der Bitte des Herrn Majors vereinige. Ich liebe ihn über alles in der Welt: ich werd' Ihnen das Glück meines ganzen Lebens, wie das Leben selbst, zu verdanken haben.

BARON. Laß dich nicht so lange bitten, mein Schatz! – steh auf! – ein Major knieen!

MAJOR. Ach gnädige Frau! seyn Sie nicht so hart – ertheilen Sie ihre Einwilligung!

HAUPTMANN. Ja ja, gnädige Frau! Auch ich bitte Sie!

REITBAHN. Wahrhaftig! unser ganzer Handel hat nicht mehr Zeit gekostet, als dieses Jawort.

BARONINN. Stehen Sie auf! – Ihnen zum Trotz, ungebärdiger Graf! ertheile ich meine Einwilligung. Die ganze Welt wird erkennen, daß Sie durch ihren niederträchtigen Tausch, nicht meine Familie, sondern sich selbst beschimpfet haben. Gebt euch die Hände! liebt euch! Weil mein Gemahl in eure Verbindung willigt, so willige ich auch darein.

MAJOR. Ach beste Schwiegermutter!

LEONORE. Beste Mama. Sie küssen ihr die Hände.

MAJOR. Und Sie, mein großmüthiger Schwiegervater – wodurch werde ich im Stande seyn, ihre redliche Freundschaft zu vergelten.[68]

BARON. Keine Umstände, lieber Schwiegersohn! ich bin dein Schuldner. Du machtest mir keine kleine Freude durch die ungarischen Windhunde: warum soll ich dir nicht wieder eine Gefälligkeit erweisen? – Herr Notarius! Morgen wird die Hochzeit seyn. Mache der Herr gleich den Aufsatz vom Heyrathsbriefe. Ich gebe dem Major jährlich 4000 Gulden Zulage, und wenn ich sterbe, meine Herrschaft.

NOTARIUS. Und wie widerlegen dieses der Herr Major?

MAJOR. Mit Allem, was ich besitze, und jemals zu besitzen Hoffnung habe.

BARON. Gut! aber die Windhunde gehören nicht mehr zu seinem Vermögen.

REITBAHN. Der fünfte Schäck auch nicht.

MAJOR. Nein! den werd' ich Ihnen morgen in die Stadt schicken.

NOTARIUS. Bene, ich werde das Werk sogleich berichtigen. Geht ab.

BLUMENKRANZ. Nun Madame – die Sache war nicht so schwer, wie Sie glaubten. Ma foi! mir ist diese Affaire lieber als 100 Louisd'or. Was für Gelächter werd' ich erwecken, wenn ichs in der Stadt erzähle! Aber man muß sich gut aufs Erzählen verstehen, um alles ridicule hineinzubringen, das hinein gehört.

MAJOR. Herr Graf, dafür sorgen Sie nicht: in Ihrem Munde wird jede Erzählung ridicule. Ich bemerkte heute mehr, als einmal, daß Sie sich Mühe geben, Leute lächerlich zu machen, die es weit weniger sind, als Sie selbst: Sie verstehen mich schon – Es ging mich damals nicht an, sonst hätt' ich Ihnen längst den Kitzel benommen. Künftig rathe ich Ihnen, in diesem Hause nichts mehr lächerlich zu finden.[69]

BLUMENKRANZ. Oui oui Monsieur le Major! Ich werde diesem Hause und Ihnen nicht mehr zur Last seyn. Ha! ha! ha!

MAJOR. Sie werden besser thun.

BARONINN. Was machen Sie, Herr Schwiegersohn?

MAJOR. Ich nehme mich Ihrer an: es ist besser, wenn Sie nicht mehr davon wissen.

BLUMENKRANZ für sich. Quelle grossierté! – Allons mon Cousin! partons!

REITBAHN. Ich bin schon bereit. Die Schäcken sind angespannt; und mit den Schimmeln kann mein Kerl nachkommen.

BLUMENKRANZ. Allons! aber keinen Galop mehr; das bitt ich mir aus. Im Abgehen. Diese Carabanne ist ohnehin schon funeste genug für mich ausgefallen.

REITBAHN. Ich empfehle mich allerseits. Nehmen Sie mir nichts übel – Die Schäcken sind mein.

BARON. Der andere Windbeutel geht fort, ohne sich zu beurlauben. Ha mein Schatz, es ist so recht gut geschehen. Morgen ist die Hochzeit. Unterrichte die Lenorl noch heut, was sie dabey zu beobachten hat. Lade mir alle Nachbarn dazu, Alle, nur den dummen Lembrand nicht! Er soll in seinem Leben keinen Bissen von meinem Wildpret essen! – Und Du Major, komm itzt mit mir auf den Anstand.


Ende des Lustspiels.
[70]

Fußnoten

1 Die Gattung der Petitmaitres, die ich in dem Grafen von Blumenkranz schildere, fodert durchgängig einen sehr gezogenen, schleppenden Ton des Akteurs.


Quelle:
Cornelius von Ayrenhoff: Sämmtliche Werke. Band 3, Wien 1802.
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