[252] Virginia, Albina aus dem Tempel. Die Vorigen. Dann Volk.
MARKUS etwas leiser.
Nun Knechte!
Zween Sklaven ergreiffen Virginien.
[252]
VIRGINIA.
Wie Verwegene? warum
ergreifft ihr mich?
ALBINA.
Was für Gewaltsamkeit!
MARCUS.
Erschrick nicht schönes Kind! dir soll kein Leid –
ich bürge dir – geschehn; zeigst du dich nur
bescheiden, still, und folgsam meinem Rathe.
Durch Trotz verschlimmerst du dir dein Loos.
Folg ißt ohn' alle Furcht mir in mein Haus!
VIRGINIA.
Ich Dir? – wer bis du denn, der du Gewalt
an mich zu legen wagst?
MARCUS.
Mein Nahm' ist Marcus.
Ich bin aus dem Geschlecht der Claudier,
Patrizier, dein Herr – in dessen Hand
dein künftig Schicksal liegt!
VIRGINIA.
Mein Herr – und Ich?
MARCUS.
Du meine Sklavinn!
VIRGINIA.
Du verkennest mich
Patrizier! ich bin Virginia
die einz'ge Tochter des Centurio
Virginius, des Mannes, dessen Nahm'
im ganzen Heere Roms ein Lobspruch ist.[253]
MARCUS.
Dieß wähnst du nur zu seyn; du bist es nicht.
Mehr Licht hievon werd' ich dir bald ertheilen.
Quintus, Ruffus und einiges Volk zeigen sich in der Ferne.
Folg itzt nur unverweilt mir in mein Haus!
VIRGINIA.
Dort kannst du mich nur todt, Verwegner, sehn.
MARCUS.
Fort Knechte!
VIRGINIA.
Nein, Grausame! tödtet mich!
ALBINA.
Herbey ihr Römer! helft! beym Jupiter
beschwör ich euch.
VIRGINIA.
Helft! helft!
Buchempfehlung
Die vordergründig glückliche Ehe von Albertine und Fridolin verbirgt die ungestillten erotischen Begierden der beiden Partner, die sich in nächtlichen Eskapaden entladen. Schnitzlers Ergriffenheit von der Triebnatur des Menschen begleitet ihn seit seiner frühen Bekanntschaft mit Sigmund Freud, dessen Lehre er in seinem Werk literarisch spiegelt. Die Traumnovelle wurde 1999 unter dem Titel »Eyes Wide Shut« von Stanley Kubrick verfilmt.
64 Seiten, 4.80 Euro