Achter Auftritt.

[319] Virginia, die sich entschleiert und dem Appius in den Weg tritt. Die Vorigen.


VIRGINIA.

Ach weile, weile Herr! – Ich seh' du gehst

erzürnt von meinem Vater: dieser Zorn

ist meines Unglücks und des seinigen

Verkündiger. Doch Herr! verschließt sich nicht

ein Ohr dem Flehn unschuldig Leidender;

hat für die Tugend eines edlen Vaters,

für seiner Tochter Qual, dein Herz Gefühl;

o so beweis es heut, und bringe nicht

Verderben über uns![319]

APPIUS.

Virginia!

Kein Sterblicher wünscht mehr als Appius

dein Gluck; ist mehr bemüht, den harten Schlag,

vom Schicksal dir gedrohet, abzuwenden.

Nur ist das Mittel nicht in Meiner Macht;

Er, der dein Vater heißt, Er, den ich selbst

bis jetzt dafür zu halten, Neigung fühlte,

Er hat es – und verwirfts aus Eigensinn. –

Er mache meinen Plan zu deinem Glücke

(dem höchsten, das in Rom dir werden kann)

dir selbst bekannt! – Ich gehe. Trachte Du

zur Menschlichkeit sein hartes Herz zu neigen,

und von dem Roste seine rohe Tugend

zu reinigen! Nur werde das bewirkt,

eh man den furchtbarn Sitz aufstellt, wo

des Richters Wünsche ganz verstummen müssen,

weil das Gesetz alleine sprechen darf.

Leb wohl.


Er geht ab, die Wachen nach ihm.


Quelle:
Cornelius von Ayrenhoff: Sämmtliche Werke. Band 2, Wien 1802, S. 319-320.
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