4. Rübezahl zaubert etlichen Kuh- und Ochsenköpfe an.

[36] Es soll sich auch auf eine Zeit begeben haben, daß Rübezahl sich in eine verlassene Herberge gemacht und sich wie ein stattlicher Wirth erzeiget, indem es sich begeben, daß unterschiedliche vornehme Leute vorbeigereiset und sich über Nacht allda haben bewirthen lassen. Zwar anfänglich, wie die Gäste angekommen, ist wenig Köstliches zu sehen gewesen, aber in kurzer Zeit waren die Tische gedeckt und lagen auf den Bänken herum etliche leere Fässer und große Klötzer, darinnen steckten Hähne, wie sonst in den Fässern zu sein pflegen.

Noch ferner hatte der Rübezahl das eine Fenster in dem Saale hübsch wie einen Schrank vermacht, den that er auf und nahm immer eine Schüssel voll Essen nach der andern heraus und setzte sie auf den Tisch. Ein Theil war kalt, ein Theil noch ein wenig warm. Und als er dies vorgetragen[36] hatte, meinten die Gäste, es wäre nun alles geschehen, da gehet er abermals hin und bringet noch mehr Gerichte. Da fingen sie erst an sich zu verwundern, wo das herrliche Essen herkommen möchte und wie er so viel drinnen beherbergen könne. Aber sie schwiegen doch stille und hätten gern getrunken, fragten: ob nicht was zu trinken vorhanden wäre? Der unbekannte Rübezahl nahm einen Stab, schlug an die Wand, da kam ein schöner Jüngling heraus, ganz wohl wie ein Deutscher gekleidet und gezieret, der hatte zween güldene Becher in seiner Hand, darauf stunden des Türkischen Kaisers Namen und Wappen; ging hin zu dem einen leeren Fasse und zapfte einen guten Spanischen Wein heraus, setzte den auf den Tisch und ließ sie den versuchen.

Bald schlug Rübezahl an eine andere Seite der Wand, da kam herfür eine hübsche Jungfrau, hatte einen ganzen Korb voll schöner, kunstreicher, güldener und silberner Trinkgeschirre, darunter vieler Fürsten und Herren Namen und Wappen waren, und sonderlich des Königs in Frankreich und Spanien; auch anderer vornehmer Prälaten, daß sie genug daran zu sehen hatten. Diese Dame ging hin zu dem dürren Klotz, zapfte einen guten und köstlichen Rheinischen Wein heraus und gab ihn den Gästen. – Oben über dem Tische hing ein hölzernes[37] Rohr. Wenn einer ein wenig Wasser haben wollte, so hielt er sein Geschirr an das Rohr, da lief das Wasser hinein, so lange er an das Rohr klopfte, doch wußte niemand, wie das Wasser hinein käme; denn es hing oben an einem Zwirnsfaden. Ueberdies lagen auch noch andere Fässer dabei, aus welchen allen Spanische, Ungarische und andere Weine gelassen wurden, dergleichen von den Gästen vor diesem niemals gekostet worden. Nach diesem brachte der Rübezahl noch mehr Speisen von seltsamen Vögeln und wunderlichen Fischen, deren in Schlesien nicht gefunden werden. Und als die Gäste nun fröhlich waren, kamen unterschiedliche andere Geister, in Spielleute Gestalt, mit einer lustigen Zunft, hatten alte Fiedeln und schrabten darauf etliche Graseliedlein. Bald nahmen sie andere Instrumente und zeigten sich fröhlich, ja, sie waren so lustig, daß die merklichen und kurzweiligen Stücklein nicht alle können erzählt werden.

Wie sie nun das Mahl gehalten hatten, da griff Rübezahl wieder in seinen Schrank und brachte herfür allerlei seltsame Früchte, so in Spanien, Frankreich, Niederland, Arabia, India und Griechenland wachsen, von herrlicher, frischer Würze, und andre schöne Gewächse, so man mit Lust und Lieblichkeit essen und genießen kann, welche zum[38] Theil den Gästen bekannt, zum Theil aber unbekannt gewesen. Auch waren dabei allerlei Blumen und wohlriechende schöne Kräuter, deß sich hoch zu verwundern. Und als sie eine gute Weile fröhlich gewesen waren, fähet einer an unter ihnen und sagt zu Rübezahl: »Herr Wirth, ich bitte freundlich, ihr wollte uns doch auch einen hübschen kurzweiligen Possen sehen lassen.« Der Rübezahl antwortet und sagt: »es wäre genug auf diesmal; er (der Gast) hätte, nebst andern Herren, genug gesehen.« Welches sie sämmtlich bekannten und sagten: »daß der Kurzweil ein großer Ueberfluß gewesen.« Aber er hielt weiter an und wollte nicht nachlassen, bat nur noch um eins zum Schlaftrunk. Da sprach Rübezahl: »es sollte geschehen.«

Bald hernach, in einem Hui, bekommt derselbe einen Ochsenkopf mit großen Hörnern, recht wie ein solches Thier. Die andern Herren fangen an seiner zu lachen und zu spotten. Dies verdrießt ihn und er will sich verantworten mit Schelten, fängt aber also gräulich an zu brüllen und zu brummen, als ein rechter natürlicher Ochse. Bald wollte er einen Becher ins Maul nehmen und trinken; da konnte er sich auch nicht dazu schicken, die Lappen am Maule waren ihm zu groß. Da brachte Rübezahls Knecht Wein in einem Fasse, da thät er einen guten Trunk. Also hatten die Herren ihre[39] Phantasei mit dem Ochsen und gönneten ihm diesen Schalkspossen gar wohl. Unterdessen kommt dies Geschrei an dieses Gastes Ehefrau, indem sie auch, nebst andern Gefährten, bei Rübezahl einkehrte und ihrem Manne nachreisete. Die erfähret, daß ihr Ehemann einen Ochsenkopf habe. Sie gehet geschwinde hinein und findet es also. Da machte sie sich mit losen Worten an den Rübezahl, fluchte ihm sehr, warum er ihren Mann also beschimpft hätte. Rübezahl gab der Frau gute Worte und hieß sie stille schweigen. Also thäten auch die andern, aber es war umsonst. Da zauberte Rübezahl der Frau einen Kuhkopf auf mit seinen Hörnern. Da ward das Gelächter noch größer; und wollte die Frau viel Winds machen, hub an zu plarren, desgleichen auch der Ochse.

Da hätte man lustige Geberden gesehen, wie sie sich stellten und wie ihnen die Kappen so lustig anstunden. Ueber solches Wesen schliefen endlich die Gäste mit einander ein und schnarchten die ganze Nacht durch. Wie sie aber endlich frühe, gegen den andern Tag, erwachten, siehe da lagen sie in einer Wüstenei und nahmen die Begebnisse des vorigen Tages nicht anders auf, als einen Traum. Doch besannen sich etliche, daß dieser Possen vielleicht ihnen vom Rübezahl widerfahren.

Quelle:
Johann Gustav Büsching: Volks-Sagen, Märchen und Legenden. Leipzig 1812, S. 36-40.
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