23. Die Strafe des Gottesläugners bei Altbunzlau.

[118] Zween leibliche Brüder, Boleslai Diener, mit Namen Stirsa und Hnievsa, welche St. Wenzeskaum ermorden helfen, traten im Jahr 938 für ihren Herrn und baten, daß er ihnen, für ihre getreuen Dienste, etwa ein Stück Landes oder Feldes eingeben wolle. Und er gab dem Hnievsa einen Acker am Wege, wenn man vom alten Bunzlau nach Prag will gehen; daselbst ließ er ihm an eine Höhe einen Hof bauen. Und dieweil ihn etliche Bigecz, das ist: ein Schläger und die andern Wrah, das ist: ein Mörder, nannten, wurde diesem Hofe der Name gegeben Whrabij, ist so viel gesagt, als Mordschlag.

Dieser Hnievsa wohnte lange Zeit auf demselben Hofe und wurde alle Jahr vier Wochen lang sinnlos, so lange er lebete. Darnach empfand ihr Geschlecht, die Wrabschtij genannt, dieses Gebrechen stets an ihnen und vielleicht bis auf den heutigen Tag. Etliche schreiben auch in ihren Chroniken, als nehmlich Heinrich Duchczowsky, daß in diesem Geschlechte stets einer sinnlos und gleich wie bestürzt sein müßte, und daß, zur Gedächtniß[119] des unschuldigen Blutes St. Wenzeslai, ihr Haar auf den Häuptern roth geblieben.

Dem andern Mörder aber, mit Namen Stirsa, ist von wegen dieses Mordes ein Acker, von Bunzlau gegen Mitternacht, gegeben worden, daselbst er ihm einen Hof, nicht fern von dem Wasser Gezera oder die Iser genannt, an einer Leiten (Abhange) bauen lassen und demselben den Namen Stranow gegeben; denn eine Leite heißt eigentlich Stran. Dieser hat von wegen der Sünde und des begangenen Mordes an St. Wenzeslav böse Beine gehabt, also, daß er selbst die Ausdünstungen nicht hat erdulden können.

Er saß einmal auf sein Roß, nahm einen Hund mit und einen Sperber auf die Hand, auf daß seine Wütung Linderung bekäme und ritt zum Herzog von Bunzlau. Auf dem Rückwege ritt er durch einen Kiefernwald und als er unterweges die großen Wehtage seiner Beine nicht erdulden konnte, saß er vom Rosse und fluchte schändlich auf unsern Herrn Gott und den heiligen Wenzeslaus. Die Diener hielten von ferne und straften ihn; er aber fing an, noch gräulicher zu lästern. Indessen that sich die Erde auf und verschlang ihn, sammt dem Rosse, Hunde und Sperber, so daß nichts mehr als eine Grube zum Kennzeichen des Orts verblieb. Die Diener kamen auf seinen Hof Stranow, zeigten[120] seinem Weibe und zweien Söhnen an, was sich mit ihm begeben und seine Söhne, Bogsa und Dolislaus, bekamen desselben Jahres ihres Vaters Gebrechen und folgends überkam dieses ganze Geschlecht böse Beine. Und zum Gedächtniß des unschuldigen Todes St. Wenzeslai mußte allezeit eine Mannsperson desselben Geschlechts, doch in funfzig Jahren einmal, eines bösen Todes umkommen.

Raczek Dobrohorsky, ein Kanonikus der Kirche zu Bunzlau, schreibt in seiner Chronik, daß für Zeiten die Leute an St. Wenzeslai Tage, bei Aufgang der Sonnen, zur selben Grube, da der Stirsa sammt Roß, Hund und dem Sperber versunken, zu gehen im Brauche gehabt. Allda man hören und vernehmen können, daß in der Grube ein Roß gewiehert, der Hund gebellt und der Sperber mit den Schellen geklingelt habe.

Quelle:
Johann Gustav Büsching: Volks-Sagen, Märchen und Legenden. Leipzig 1812, S. 118-121.
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