49. Die Teufelsmauer bei Lieberose.

[203] Vor vielen Jahren machte der Teufel mit dem damaligen Besitzer des Gojazer Krugs bei Lieberose ein Bündniß, worin er sich anheischig machte, wenn der Krüger sein Versprechen (worin dies aber bestanden, hat die Sage vergessen) hielte, um seinen Weinberg und ganzen Acker in einer Nacht eine Mauer aufzuführen, den Hofraum zu pflastern und damit fertig zu sein, ehe noch der Hahn krähte. Der Weinberg erhielt seine Mauer von kleinen und[203] wieder ungeheuern großen Feld- und Bruchsteinen, zwischen welchen die Zeit und Witterung den Kalk und die bindenden Theile zernagte und weggespült hat, und dennoch liegen die Steine, durch die geschickte Legung und durchs Gesetz ihrer natürlichen Schwere, so fest auf einander, daß, dem Anscheine nach, nur teuflische Macht sie bauen konnte.

Um jedes Stück Acker, das zum Gute gehört, liegen große Steine, der Hof ist auch gepflastert; aber so rüstig und emsig auch der Teufel arbeitete, krähte doch der Hahn, ehe er einen großen Stein im Hofe anbringen konnte. Diesen nahm er in höllischem Zorne und warf ihn mit einer Hand, obgleich er funfzehn Zentner schwer war, über den Thorweg und ließ ihn liegen, wo er noch, mit fünf Löchern, die seine Finger eingedrückt hatten, zum Wahrzeichen vor mehrern Jahren lag.

Quelle:
Johann Gustav Büsching: Volks-Sagen, Märchen und Legenden. Leipzig 1812, S. 203-204.
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