82. Der Wink Gottes.

[389] In Magdeburg zeigte man sonst, ob noch, weiß ich nicht, ein Haus, woran ein Schild befindlich, auf dem ein Pferd zur oberen Etage eines Hauses aus dem Fenster sah. Die Sage berichtet davon:[389] Ein Mann begrub seine Frau mit der Pracht, die seinem Stande zukam, und ließ auch an ihrem Finger einen brillantenen Ring von Werth. Der habsüchtige Todtengräber hatte dies bemerkt und säumte daher nicht in der Nacht zur Gruft zu eilen, sie zu öffnen, den Deckel des Sarges aufzusperren und zu versuchen, der Todten den Ring abzuziehen. Aber dieser saß fest, er mußte drücken, drehen und wenden und dies brachte die nur scheintodte Frau zu sich, die sich aufrichtete und dem treulosen Todtengräber einen solchen Schrecken einjagte, daß er ohnmächtig niederstürzte.

Die Frau, nicht minder erschrocken über ihren hülflosen Zustand, nahm die Laterne des Todtengräbers und wankte dem Hause ihres Gatten zu. Sie klopft an. Der Diener fragt: »wer da sei?« »Ich bin es, – antwortetete sie – die Frau von Hause, öffne mir.« Todtenbleich stürzte dieser zurück und in das Zimmer des Herrn, dem er die neue Mähre verkündete. »Nimmer kehrt meine Frau aus ihrem Grabe zurück, – antwortete dieser – eben so wenig wie meine Schimmel jemals die Treppe heraufkommen werden, um oben zum Fenster hinaus zu schauen.«

Da ging es trapp, trapp die Treppe herauf; seine Schimmel waren es. Da glaubte der Mann, ging hinab, öffnete die Thür und empfing seine todtgeglaubte[390] Gattin, mit der er lange Jahre noch in Freuden lebte.

Quelle:
Johann Gustav Büsching: Volks-Sagen, Märchen und Legenden. Leipzig 1812, S. 389-391.
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