Literarische Uebersicht der Bücher, welche Deutsche Volkssagen und Mährchen ausschließend enthalten.

[465] 1. Deutsche Volksmährchen von Johann August Musäus, herausgegeben von C.M. Wieland. Gotha, bei C.W. Ettinger. Bd. 1. von 1804, die übrigen von 1805. Das Jahr der ersten Ausgabe ist mir nicht gegenwärtig.

Diese erweckten erst die Lust und Liebe an dieser Kinder- und Männerfreude, und man wußte es Musäus nicht wenig Dank, daß er sich von einem Invaliden diese Mährchen hatte erzählen lassen, der ihm mit seiner kurzen Tabakspfeife das Zimmer verpestete. Viele dieser Mährchen sind von einer bewunderungswürdigen Frische und Lieblichkeit und manchen hängt nur der eine, oft gerügte, Fehler an, daß der Ton durch Abhandlung von Dingen und Hinweisung darauf verfehlt ist, die gerade hierhin am wenigsten gehören.

Th. 1. a. Die Bücher der Chroniken der drei Schwestern. S. 1-98. Ein liebliches Mahrchen.

b. Richilde. S. 99-178.

c. Rolands Knappen. S. 179-266. Lustig und keck.[466]

Th. 2. a. Legenden vom Rübezahl. S. 5-216. Lustig und ergötzlich.

b. Die Nymphe des Brunnens. S. 217-312.

Th. 3. a. Libussa. S. 5-130.

b. Der geraubte Schleier. S. 131-254.

c. Liebestreue. S. 255-328.

Th. 4. a. Stumme Liebe. S. 5-174. Sehr ergötzlich.

b. Ulrich mit dem Bühel. S. 175-272.

c. Dämon Amor. S. 273-318.

Th. 5. a. Melechsala. S. 5-188.

b. Der Schatzgräber S. 189-289.

c. Die Entführung. S. 290-320.

Mehr dieser Sagen und Mährchen sind, in der Bearbeitung des Musäus, schon wieder Volksbücher geworden, als z.B. Ulrich mit dem Bühel, Libussa u.s.w. Sie würden sich dazu noch mehr eigenen, wenn nicht der allgemein ihnen gemachte Vorwurf unzeitiger Anspielungen sie dem Volke entzöge.

2. Kindermährchen aus mündlichen Erzählungen gesammelt. Erfurt, 1787.

a. Das Vögelchen mit dem goldenen Ei. S. 1-57.

b. Weistäubchen. S. 58-93.

[467] c. Der neue Fuchs. S. 94-150.

d. Die Königin Wilonitte mit ihren zwei Töchtern. S. 151-186. Zweckmäßig erzählt.

3. Neue Volksmährchen der Deutschen. Leipzig, 1789. 8. von Madame Naubert.

Erstes Bändchen.

a. Das stille Volk. S. 3-109.

b. Der kurze Mantel. S. 110-275. Die bekannte Erzählung vom kurzen Mantel (court manteau) am Hofe des Artus, in Verbindung gebracht mit einer lieblichen Deutschen Sage von einer Blumennymphe.

c. Ottilie. S. 276-360.

d. Die Legende von St. Julian, worin die Geschichte vom wüthenden Heere und zum Schluß eine Andeutung des getreuen Ekard's sich befindet. S. 361-444.

Zweites Bändchen. 1791.

a. Erdmann und Maria, ein Nachtrag zu den Legenden vom Rübezahl. S. 2-220.

b. Das Oldenburgische Horn. S. 222-352.

c. Die Hamelschen Kinder, oder das Mährchen vom Ritter St. George. S. 353-480.

Drittes Bändchen. 1792.

a. Die Fischer. S. 1-140. Bearbeitung eines[468] Mährchens, das in meinen Rheinsagen folgen wird, und in der Gegend bei Speier am Rheine geschehen sein soll, von Madame Naubert aber an die Donau verpflanzt wird.

b. Die weiße Frau. S. 141-211.

c. Jungfernsprung und Roßtrapp, zwei Harzsagen in eines verbunden mit zwei Französischen Fabliaux, die in den Contes et fabliaux p. Barbasan stehen. Die beiden Geschichten sind der zum Ritter gewordene Bauer, an welche sich wieder eine Deutsche Sage anschließt, von einem wunderthätigen Bilde, das nur an einem bestimmten Tage ein Wunder thut und dann le palefrois verd, der Grauschimmel, eine Erzählung, die auch Nicolai in seinen Gedichten bearbeitet hat. So sind eigentlich, sehr sinnreich, fünf Sagen in eine Geschichte verwebet.

d. Der Müller von Eisenbüttel. S. 323-398. Erinnert auch an den treuen Eckard und möchte vielleicht die schwächste sein.

e. Erlkönigstochter. S. 399-494.

Viertes Bändchen. 1792.

a. Genoveva oder die Träume. S. 1-152. Die bekannte schöne Legende.

b. Die zwölf Ritter von Bern, oder das Mährchen vom Hort der Nibelungen. S. 153-293.[469]

Eine eigene und ganz wunderbare Erzählung dieser großen Sage.

c. Ottbert. S. 294-412.

Schon diese Uebersicht lehrt, daß wir hier und in der ersten Sammlung nicht rein Deutsche Sagen allein finden, sondern daß sie mit manchen andern untermischt sind, wie wir dies noch in der Folge bedeutend bemerken werden, bei fast allen Sagensammlungen.

4. Volkserzählungen der Deutschen und des Auslandes, aus der wirklichen und Ideenwelt, von A.F. Wismar. 1. Bd. Halberstadt, 1791. Scheint gottlob nicht fortgesetzt worden zu sein.

a. Die Verlobung vor der Geburt. S. 3-108.

b. Eduard der Siedler. S. 111-120.

5. Volksmährchen aus Thüringen, von Friedrich Wilhelm Möller. 1794. Zwei unbedeutende Sagen, deren Bearbeitungsart mir keinesweges gefallen will.

a. Die Hörselbergsspende. S. 1-100.

b. Die silberne Braupfanne. S. 101-223.

6. Volkssagen. Eisenach. Th. 1. 1795.

a. Das wüthende Heer. S. 3-60.

b. Das Oldenburgische Horn. S. 63-124.

c. Hudchen. S. 127-170.

d. Das Bergschloß. S. 173-188.

[470] Zweiter Theil.

a. Das Kiefhäuserschloß. S. 3-80.

b. Die Nixe S. 83-136.

c. Das verfluchte Jungfernloch bei Eisenach. S. 134-182.

d. Rübezahl. S. 185-208.

Manches sehr gut erzählt.

7. Oestreichische Volksmährchen, vom Verfasser der Sagen Oestreichischer Vorzeit. Wien, 1800. Th 1. Ist mir unbekannt.

Th. 2.

a. Die Brüder am Donaustrome. S. 3-41.

b. Die Spinnerin am Kreuze. S. 45-106.

c. Die Ruinen von Petersdorf. S. 109-157. Ob die Sagen Oestreichischer Vorzeit hieher gehören, weiß ich nicht, da sie mir ganz unbekannt sind.

8. Volkssagen, nacherzählt von Otmar. (Nachtigall) Bremen, 1800.

a. Die Sage vom Lügensteine. S. 27-28.

b. Die Sage vom Gürgenholze. S. 30-34.

c. Die Sage vom Staufenberge. S. 37-38.

d. Die Sage von dem Teufel in der Kirche. S. 38-39.

I. Oertliche Volkssagen auf der Südseite des Harzes.

A. Hohensteinische Volkssagen.

e. Lora. S. 75-78.

[471] f. Jakob Nimmernüchtern. S. 81-112.

g. Die Hufeisen an der Kirchthüre. S. 115-18.

B. Volkssagen in der goldenen Aue.

h. Die Quäste. S. 123-30.

i. Der Ritterkeller. S. 133-40.

k. Die goldenen Flachsknoten. S. 143-44.

l. Die Wunderblume. S. 147-50.

m. Der Ziegenhirt. S. 153-58.

n. Der verzauberte Kaiser. S. 161-66.

II. Oertliche Volkssagen auf der Nordseite des Harzes.

o. Ilse. S. 171-74.

p. Die Teufelsmauer. S. 177-78.

q. Die Roßtrappe. S. 181-86.

r. Die Teufelsmühle. S. 189-94.

s. Der Mägdesprung. S. 197-98.

t. Das Mannesfeld. S. 201-2.

u. Der Thomaspfennig. S. 205-22.

v. Die Dummburg. S. 225-38.

w. Hackelnberg. S. 241-50.

x. Das Grundlos. S. 253-66.

y. Das Hünenblut. S. 269-70. 2. Sagen.

z. Der Wolfstein. S. 273-76.

aa. Daneel (Daneels-Höhle) S. 279-92.

bb. Ehrlich währt am längsten. S. 295-310.[472]

III. Ueber die Hünen und Zwergsagen. S. 313-58.

A. Zwergsagen auf der Südseite des Harzes. S. 325-29.

B. Zwergsagen auf der Nordseite des Harzes. S. 329-31.

9. Volksmährchen der Schlesier, ein Taschenbuch auf das Jahr 1801. Von Fr. Aug. Schuster. Breslau. 12.

a. Der Vogel Greif. S. 1.

b. Der Wurzelmann. S. 85.

c. Die Krötenkönigin. S. 160.

a. erzählt die Gründung der Burg Greifenstein. b. ist ein Mährchen vom Rübezahl und c. eine Sage von den Hausberge bei Hirschberg. Wie viel davon alte Sage ist, ward mir nicht bekannt. Es ist nicht mehr, als dies eine Bändchen erschienen.

10. Volkssagen von Gustav. Leipzig, 1806. 8. Kenne ich ebenfalls nicht.

11. Kindermährchen von Grimm. Heidelberg, 1809. Sind mir auch unbekannt und soll nicht viel daraus zu nehmen sein.

Die Volksmährchen von Peter Lebrecht, die romantischen Dichtungen von Tieck, können auch von mir hier nicht angeführt, sondern nur berührt werden, da ihr Inhalt nicht sowohl die Volkssagen,[473] als vielmehr die Volksromane begreift, denen in unserem Buche der Liebe ein Platz verschafft worden ist. Manche Sage ward freilich, in dem Gange der Zeit, zu einem großen Roman ausgesponnen, wenn ihr Beginnen auch so gering war, wie die meisten hier dargebotenen Sagen.

Quelle:
Johann Gustav Büsching: Volks-Sagen, Märchen und Legenden. Leipzig 1812, S. 465-474.
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