188. Streit zwischen Ettlingen und Frauenalb.[176] 1

Als die Waldungen von Ettlingen noch bis Bernbach gingen, ließ die Bürgerschaft nächst der Abtei Frauenalb eine gemauerte Schweinsteige mit einem Ziegeldache erbauen. Diese Nähe fiel den Klosterleuten so beschwerlich, daß sie sich erboten, die Steige auf ihre Kosten zu[176] versetzen, und, als die Ettlinger es abschlugen, sie in der Nacht durch Feuer zerstörten. Kaum war dies in Ettlingen bekannt geworden, so rief der Stadtrath die Bürger zur Rache auf, stürmte an ihrer Spitze nach Frauenalb und gab dasselbe den Flammen preis. Ueber diese Gräuelthat klagte die Aebtissin persönlich bei dem Kaiser2, welcher sämmtliche Rathsherren zum Tod, und die Bürgerschaft dazu verurtheilte: den ganzen Waldbezirk von Bernbach bis zur Moosalb dem Kloster abzutreten, und den Thurm in ihrem Stadtwappen umzukehren, daß er auf der Spitze stehe. Der Vollziehung dieses Urtheils wohnte er selbst in Ettlingen bei, und als elf Rathsherren enthauptet waren, fragte er seinen Hofnarren, wie ihm das Köpfen gefalle. »Wenn's Weidenstöcke oder Krautköpfe wären, die wieder ausschlügen, gefiele es mir schon!« gab der Narr zur Antwort, wodurch er den Kaiser bewog, den zwölften Rathsherrn (den einige versteckt, andere gegenwärtig sein lassen) zu begnadigen. Die Enthaupteten wurden auf dem Richtplatze begraben, und auf die elf Gräber eben so viele Steinkreuze mit eingehauenen Köpfen und Schwertern gesetzt. In der Folge, als der Platz Weinberg geworden war, kamen die Kreuze außen an die Mauer bei dem Gutleuthause; er behielt jedoch bis heute von ihnen den Namen die Kopfreben. Bei den Kreuzen gehen die elf Rathsherren – einer schwarz, die übrigen feurig – in den heiligen Nächten um. Wegen ihrer Hinrichtung mußten ihre Nachfolger schwarze Mäntel tragen, die erst vor wenigen Jahren außer Gebrauch gekommen sind.

Fußnoten

1 Dieser und der folgenden Sage wird erwähnt in P.J. Schneider's Versuch einer medizinisch-statistischen Topographie von Ettlingen S. 82 und S. 109–110. Ich habe dies in Mone's Anzeiger (Jahrgang v. 1839 S. 309) bemerkt und dadurch Schnezler zu dem Irrthum veranlaßt, beide Sagen unter Schneider's, statt unter meinem Namen in seinem Sagenbuche aufzuführen.


2 Statt des Kaisers nennen Andere den Markgrafen von Baden.


Quelle:
Bernhard Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Band 1, Karlsruhe 1851, S. 176-177.
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