235. Schatz dem Teufel anvertraut.

[226] Ein reicher Müller wollte sein Geld vergraben, und um dies unbemerkt auszuführen, hieß er eines Sonntags alle seine Leute in die Kirche gehen. Einer der Mühlknechte aber, der seines Herrn Vorhaben merkte, legte sich heimlich in die Scheuer, oben auf das Heu. Nicht lange war er hier, so kam der Müller mit Schaufel und Hacke in die Scheuer und fing an, in den Boden ein Loch zu graben. Der Teufel stand dabei und sagte zu dem Müller: »Es sehen zwei Augen zu, darf ich sie ausstechen?« Dieser antwortete: »Nein!« holte, als er mit graben fertig war, drei Wannen Geld herbei und that sie in das Loch, indem er sagte: »Da, Teufel, hast du das Geld in Verwahrung; niemand kann es heben, als wer mit einem schwarzen Geißbock kommt, auf dem kein helles Härchen ist!« Hierauf scharrte er die Grube zu und ging aus der Scheuer. Der Mühlknecht machte sich auch hinaus und verließ alsbald des Müllers Dienste und die Gegend. Als er nach drei Jahren zurückkam, fand er die Mühle verlassen, weil, wie er erfuhr, der Müller, welcher inzwischen gestorben, darin umgehe, die Leute geplagt und das Vieh umgebracht habe. Zugleich hörte er, daß die Müllerin nach ihres Mannes Tode, statt des erwarteten Reichthums, nur wenig Geld vorgefunden und jetzt mit ihren Kindern im Dorfe wohne. Alsbald ging er zu ihr und sagte, er wolle das viele Geld, welches ihr Mann verborgen, beischaffen, wenn sie ihm ihre älteste Tochter zur Frau gäbe. Nach erhaltener Zusage suchte er an vielen Orten einen schwarzen Bock ohne ein helles Härchen, erlangte aber erst nach[227] drei Jahren einen solchen. Er führte ihn in die Scheuer, worin das Geld vergraben lag, band ihn an und rief: »Da, Teufel, hast du dein Unterpfand!« Da ergriff der Teufel den Bock und schleuderte ihn an die Wand, daß er in Stücke fuhr; die Grube aber, worin der Schatz lag, öffnete sich von selbst, und der Mühlknecht nahm denselben ungehindert heraus und brachte ihn der Müllerin. Er erhielt nun ihre älteste Tochter zur Frau und bezog bald darauf mit seiner Schwiegermutter und deren Kindern die Mühle, die seit Hebung des Schatzes von der Spukerei des Müllers befreit war.

Quelle:
Bernhard Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Band 1, Karlsruhe 1851, S. 226-228.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden
Neugesammelte Volkssagen Aus Dem Lande Baden Und Den Angrenzenden Gegenden (Paperback)(German) - Common
Volkssagen Aus Dem Lande Baden Und Den Angrenzenden Gegenden (Sammlung Zenodotbibliothek Der M??rchen) (Paperback)(German) - Common
Volkssagen Aus Dem Lande Baden Und Den Angrenzenden Gegenden
Neugesammelte Volkssagen Aus Dem Lande Baden Und Den Angrenzenden Gegenden
Neugesammelte Volkssagen Aus Dem Lande Baden Und Den Angrenzenden Gegenden