302. Die Näherin und der Teufel.

[284] Eine Näherin in einer kleinen Stadt verschrieb ihre Seele dem Teufel, um mit seiner Hülfe alles, was sie wolle, nähen zu können. Sie fertigte nun nach Wunsch alle Arbeiten, betete jedoch täglich, zu Ehren der Mutter[284] Gottes, ein »Vater unser« und ein »Gegrüßet seist du Maria.« So oft sie diese Gebete verrichtete, bekam sie vom bösen Feinde eine Ohrfeige. Nach Verlauf der bedungenen Zeit holte er sie ab und trug sie durch die Lüfte. Als sie über der Pfarrkirche schwebten, rief die Näherin: »O heilige Maria, verlasse mich nicht, ich habe dich ja auch nicht verlassen!« Da mußte der Böse sie fallen lassen, daß sie auf dem Kirchendach schneeweiß liegen blieb; er selbst stürzte an dem vordern Eingang des Gotteshauses nieder. Voll Grimm blieb er hier sitzen und rückte den Hineingehenden ihre Sünden vor. »Du hast Federn gestohlen!« sagte er zu einem Geistlichen. »Das Wort Gottes damit zu schreiben!« erwiederte derselbe, worauf der Teufel schwieg und verschwand.

Quelle:
Bernhard Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Band 1, Karlsruhe 1851, S. 284-285.
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