359. Weiße Frau.

[321] Zwischen Waldwimmersbach und der Mühle läuft über die Wiesen ein schmaler Fußweg, welcher zu einer Quelle führt. Auf diesem Pfad zeigt sich täglich um[321] Mittag und Mitternacht eine weiße Frau mit einem Bund Schlüssel in der Hand. Sie war zu ihren Lebzeiten Kammerfrau bei einer Herrschaft, von der ihr, als dieselbe im Krieg sich flüchtete, deren Vermögen zur Aufbewahrung übergeben wurde. Dieses vergrub sie und starb bald darauf eines plötzlichen Todes. Da niemand den Ort des Schatzes wußte, so kam die Herrschaft um letztern und mußte nach ihrer Rückkehr von Almosen leben. Sie verfluchte deßhalb die Kammerfrau, welche seitdem in der Gegend, wo sie den Reichthum vergraben, umgehen muß. Ihre Erlösung ist nur alle sieben Jahre möglich; sie nies't alsdann dreimal, und auf jedes Niesen soll man ihr »Gott helf« zurufen. Hat man dies gethan, so zeigt sie einem wo der Schatz liegt und wie er gehoben werden kann. Da man aber bald nachher sterben muß, so hat noch niemand gewagt, zum dritten Mal »Gott helf« zu sagen, und sie ist dann stets mit einem tiefen Seufzer verschwunden.

Quelle:
Bernhard Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Band 1, Karlsruhe 1851, S. 321-322.
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