45. Spinne nicht um Mitternacht.

[36] Zu Bollschweil war eine Frau, welche aus allzugroßer Häuslichkeit oft halbe Nächte hindurch spann. Als sie einst, Freitags um Mitternacht, wieder am Spinnrad saß, klopfte es außen ans Fenster, und sobald sie es öffnete, reichte ein Weib drei leere Spulen herein, mit den Worten: »In fünf Minuten müssen diese Spulen vollgesponnen sein, sonst sieh zu, wie es dir ergeht!« Voll Schrecken weckte die Frau ihren Mann, der, nachdem er den Vorgang erfahren, ihr rieth, auf jede der Spulen drei Fäden zu spinnen. Sie that dies und stellte dann die Spulen vors Fenster, welche das Weib, das gleich wieder da war, betrachtete und zu sich nahm, indem es[36] zur Frau sagte: »Du hast einen guten Gedanken gehabt, ohne den es dir übel gegangen wäre.« Nachher hat die Frau sich gehütet, wieder so spät in der Nacht zu spinnen.

Quelle:
Bernhard Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Band 1, Karlsruhe 1851, S. 36-37.
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