91. Mordthat offenbart.

[81] In Schiltach erschlug ein Mann seine Frau, verbarg es aber dadurch, daß er ein Tuch um ihre Kopfwunde band und sich über ihren Tod sehr betrübt stellte. Nachdem sie begraben war, erschien sie ihm nachts so oft, daß es endlich im Orte bekannt wurde. Da begab sich der Pfarrer abends in das Haus, welches, auf sein Geheiß, alle Bewohner verlassen mußten. Gegen zwölf Uhr kam die Frau, die auf des Geistlichen Anrede: »Alle gute Geister loben Gott, den Herrn,« erwiederte: »Und ich auch!« Dadurch ermuthigt, fragte der Pfarrer sie um die Ursache ihres Erscheinens und erhielt von ihr zur Antwort, daß ihr Mann sie ermordet und sie keine Ruhe habe, bis diese Missethat aufgedeckt sei. Hierauf nahm sie das Tuch von der Wunde und bat ihn, in diese seinen Fingerring zu legen, den er, zum Beweis, daß sie ihm[81] die Wahrheit gesagt, noch darin finden werde, wenn er am nächsten Tag ihren Sarg öffnen lasse. Nachdem der Ring in der Wunde war, band sie der Geist wieder mit dem Tuche zu und entfernte sich. Kaum war es Morgen, so ließ der Geistliche den Leichnam ausgraben und fand an ihm die Todeswunde mit dem Ringe darin. Auf seine Anzeige erfolgte des Mörders Hinrichtung. Der Geist der Frau hat niemals wieder sich sehen lassen.

Quelle:
Bernhard Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Band 1, Karlsruhe 1851, S. 81-82.
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