18. Der erfüllte Wunsch.

[510] In einem Dorfe kam einmal am späten Abend ein Männlein in das Haus einer Bäuerin und bat um Herberge. Seine Bitte wurde ihm gewährt, und als das Männlein, am andern Morgen vor Sonnenaufgang aufbrechend, nach seiner Schuldigkeit fragte, lehnte die Bäuerin jede Bezahlung ab. Da sagte das Männlein, sie werde in dem ersten Geschäfte, welches sie bei Sonnenaufgang thue, ihre[510] Belohnung finden. Die Bäuerin ging an ihren Leinenkasten und wollte ihr Leinen messen. Aber so viel Ellen sie auch maß, sie konnte kein Ende finden, so daß schließlich die ganze Stube mit dem Leinen hoch angefüllt war. Das erzählte sie ihrer Nachbarin, und die wünschte, daß das Männlein auch bei ihr einkehren möchte. Es dauerte auch nur wenige Tage, da kam das Männlein wieder in das Haus der Bäuerin und bat um Herberge. Die Frau dachte ihrer Nachbarin etwas von dem Glücke zuzuwenden und sagte ›Ich kann dich heut nicht aufnehmen, aber da ist meine Nachbarin, die wird es gern thun.‹ Das Männlein ging also in das Haus der Nachbarin und blieb dort die Nacht. Am andern Morgen fragte es wieder nach der Schuldigkeit, und als die Bäuerin keine Bezahlung annehmen wollte, sagte das Männlein, ihr Lohn solle ihr bei dem ersten Geschäfte, das sie vornehme, zu Theil werden. Die Frau hatte sich schon vorher Geld in die Tasche gesteckt, und das Geld zu zählen sollte das erste sein, was sie that. Da fühlte sie ein Bedürfniß und dachte, das wolle sie noch schnell abmachen. Sie ging in den Hof, aber es wollte kein Ende nehmen und der Teich hinter dem Hause ist davon entstanden.


Förster Maaß in Mönkweden.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 510-511.
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