23. König der Vierfüßler und Vögel.

[516] Ich wähle diese Ueberschrift, um gleich auf das ähnliche Märchen bei Grimm, das weiland Pastor Mussäus aus Hanstorf, ebenfalls ein Meklenburger, berichtet hat, hinzudeuten. Die Ueberschrift trifft auf die eine Partei auch völlig, auf die andere, die des Zaun- oder Nesselkönigs, wenigstens a potiori zu.

Im Uebrigen wiederhole ich möglichst wortgetreu die Erzählung, wie ich sie im Sommer 1856 nach der mündlichen Mittheilung eines Pferdeknechtes in Below-Theerofen (bei Wesenberg) niedergeschrieben.

Fr. Latendorf.


De Nettelkönig bugt in'n ellern Stubben. Dor findt de Vos dat Nest un wöll girn de Jungen upfręten. As he œver nich ankamen kan, geit he to'n Boren; de sal dat Hus ümriten. Aever de kant ok nich; donn rackt he de Jungen von'n Nettelkönig mœglich ut. As nu de oll to Hus kümt, dun jauzen de Jungen all int Nest un vertellen em, wat de Bor seggt hadd. Dun geit de Nettelkönig hen na den Boren sin Höl un künnigt em Krig an. De Bor geit hen un halt sich 'n Vos, 'n Wulf, un 'n willen Kämp (Eber) un'n Löwen. De Nettelkönig geit ok hen un halt sich 'n Ganten, 'n Zęgenbuck, 'n Han, ne Kat, 'n Schütreiher un 'n Hümpel Hummeln. De Urt ward bestimt. Dunn sett't sik de Bor uppen Bom un de wil Kämp hett sik in't Lov wöölt. As nu de Nettelkönig henkümt, dunn seggt he ›hir is keener to seen‹. De Gant kümt œver den Barg ›tantaratan, tantaratan‹. Dor krigt de Bor dat mit de Angst: se kamen mit Pauken un Trumpeten (ursprünglich wohl bungen für Pauken). As he 'n Zęgenbuck süt,[516] schrigt he ›o dor kümt een, de het twe grote Schütgaffeln up'n Nacken‹ (Schütgaffeln werden beim Dreschen zum Umwenden des Strohes gebraucht, eine Art hölzerner Gabel, ein zweispaltiges Holz ›'n twęl, dat so wussen is‹). To'n Han seggt he ›o dor kümt een, de hett twe grote Seissen up'n Nacken; ik tööv nich.‹ To de Kat ›dor kümt noch een, het 'n grot Speet up den Nacken.‹ De Schütreiher seggt ›scheit, scheit‹. ›Hür mal,‹ schrigt de Bor, ›de seggt, he sal scheiten un is gor noch ran; ik tööv nich.‹ ›O,‹ seggt de Kämp, ›de willen wi wol dwingen.‹ Dun fängen de Hummeln an to summen ›hm, hm‹. ›Hür,‹ seggt de Bor, ›wo de Kugeln al surren‹ un weet sik vör Angst gor nich to laten.

Nu geit de Kat ümher spinkeliren un süt den Kämpen de Uren schüddeln, se springt to un denkt ›dat is ne Mus odder Rot.‹ Dor schrigt de Kämp up, de Kat krigt dat mit de Angst un springt vör Schreck den Bom to Högt, wo de Bor in sitt. De Bor de denkt, nu geit 't up em los, steckt den Kop mank de Bein un schütt baben ut den Bom rut. Dunn löpt de Bor na sin Höl. Dunn seggt de Schütreiher wedder ›schet, schet‹; de Hummeln wedder ›hm, hm‹. Dun geit de Han uppen Barg stan un seggt ›bring den Schelm mi her.‹ Dunn seggt de Bor ›nu hür mal, wat he seggt, un sünd (sc. wi) al so wit af‹. Nu geit de Nettelkönig hen vör 'n Boren sin Höl un de Hummeln sünd noch so recht in 'n Swarm üm 'n Nettelkönig rüm. ›Wist du di nich mit mi faten: ik bręk di de Ribben intwei.‹ ›Ja,‹ seggt de Bor, ›ik ward mi hööden un kamen ut min Hus. Ik hür de Kugeln wol noch summen‹.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 516-517.
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