28. Strom selig.

[519] Ein Bauer hatte einen alten Hund, Namens Strom, der war schon grau und beinahe blind. Wie er ihn einmal im Walde bei sich hatte, lief der Hund gegen einen morschen Baumstamm und stieß sich so, daß er todt da lag. Dem Bauern ging der Tod nahe, und da er den Hund nicht dort liegen lassen wollte, so bückte er sich, um ihn aufzuheben. Da sah er unter dem Baumstamme etwas glänzen und fand, daß es ein Topf mit Golde war. Da nahm er traurig und froh Hund und Gold mit sich nach Hause. Weil er nun soviel auf den Hund hielt, so beschloß er mit seiner Frau, ihn auf dem Kirchhofe zu begraben. Das that er denn auch in der nächsten Nacht und machte dem Hunde auch einen zünftigen Grabhügel.

Das sahen der Pastor und der Küster am andern Morgen, und der Pastor sagte, er wolle es im Dorfe bekannt machen lassen, der Thäter solle sich bei ihm melden, sonst werde er es beim Amte anzeigen. Da kam dem Bauern die Furcht an, er ging zum Prediger, klopfte ihn auf die Schulter und sprach ›Herr Pasting, maken's man nicks van de Geschicht, ik hevv min'n oll'n Strom selig dor bigraw'n, hei hett sei ok 'n schön'n Schatz hinnerlat'n.‹ Und damit legte er die Hälfte des gefundenen Goldes auf den Tisch. Dem Pastor war das Geld lieb und er versprach dem Bauern, die Sache zu verschweigen, ja er wolle Strom selig auch eine Leichenpredigt halten. So that er auch am nächsten Sonntage, und so rührend machte ers, daß die Leute alle weinten. Wer aber ›Strom selig‹ war, das wußte Niemand außer dem Pastor und dem Bauern und seiner Frau.


Aus der Gegend von Crivitz, durch einen Seminaristen in Neukloster. ›In Meklenburg werden die Schäferhunde sehr häufig: Strom, Wasser genannt, entweder damit sie nicht von tollen Hunden gebissen werden, wie ich hörte, oder weil Diebe das Wasser nicht besprechen können.‹ Schiller 3, 3. – ›Hunde, die vom Fließenden den Namen haben, sind geschützt gegen Hexerei.‹ Nerger, Wtbch. zu Tremsen, S. 379.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 519.
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