106. Teufel als Ziegenbock.

[93] Zu Anfang dieses Jahrhunderts hielten junge Leute in Alt-Krenzlin bei Ludwigslust das übliche Fastnachtsbier. Da ihnen der Branntwein ausging und im Dorfe kein Krug ist, so beschlossen sie, aus dem Klosterkruge zu Picher welchen zu holen. Zwei Knechte wurden dazu erwählt, die aber, weil es Nacht ist, den Weg nicht machen wollen. Sie werden ausgelacht, und ein Dritter sagt zu den beiden ›Ik ga mit, un wenn uns ok dei Düwel begegent.‹ Sie machen sich auf den Weg, jeder mit einer großen Flasche, die sie sich im Klosterkruge füllen lassen. Auf dem Heimwege bleibt der dritte Knecht immer mehr zurück. Die beiden andern rufen ihn mehrmals beim Namen, erhalten zuletzt aber gar keine Antwort mehr. Nach Verlauf von 2-3 Stunden kommt der Vermißte mit der gefüllten Flasche, ganz todtenbleich, setzt die Flasche auf den Tisch und[93] sagt ›So, ik holl kein Fasselab'nd werre mit‹ und geht nach Hause. Als man später in ihn drang, hat er sich merken lassen, daß, als die beiden Andern ihn gerufen hätten, schneller zu gehn, er nicht habe folgen können, und als sie fort gewesen, sei er auf einem schwarzen Ziegenbock zu reiten gekommen und an all den Orten gewesen, wo er früher gedient hätte; sogar über den Picherschen Glockenthurm sei er geritten. In der Fastnacht hat er sich aber nie wieder in Gesellschaft sehen lassen.


G. Diehn; vgl. Niederh. 3, 129 ff.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 93-94.
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