173. Gespenstisches Pferd bei Penzlin.

[142] Es war einmal ein junger Mensch in Penzlin, der hatte eine Braut in einem benachbarten Dorfe. Wenn er hinging, sie zu besuchen, machte er sich gewöhnlich einen Richtsteig durch die Pferdekoppel. Als er nun einst des Abends hier durchkam und wieder seinen alten Weg vor sich hatte, sah er nicht weit von sich ein schwarzes Pferd. Da dachte er ›Reiten ist besser als Gehen und bringt schneller zur Stelle. Was schadet es, du leihst dir das Pferd und auf dem Rückwege gibst dus hier wieder ab.‹ Damit griff er zu, hatte das Pferd gefaßt, und saß bald oben drauf, und fort[142] gings wie toll und besessen, denn der Bräutigam hatte Eile zu seiner Brautfahrt und auch der Schwarze schien sich nicht aufhalten zu wollen. Als aber das Pferd anfing, seinen Mund aufzuthun und sagte ›Der Mond, der scheint so hell, die Todten reiten schnell; mein Liebchen, graut dir auch?‹ da sah der erschrockene Reiter unter sich und ward gewahr, wie sie nicht mehr auf ebener Erde, sondern hoch durch die Lüfte dahinsausten. Nun dachte er, ›besser hart gefallen als so geritten‹ und sprang eilig von seinem Roß, kam auch glücklich unten an. Aber ein Pferd hat er sich nicht wieder zur Nachtzeit stillschweigend geliehen.


A.C.F. Krohn bei Niederh. 4, 205f.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 142-143.
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