190. Die Ahnfrau im Herrenhause zu Wietow.

[152] Die Ahnfrau erscheint in grauer Kleidung mit weißer Mütze, sie hat eine spitze Nase. Sie erscheint jedesmal, wenn ein besonderes Ereigniß in der Familie von Blücher vorfällt. Als die Schwester des jetzigen Besitzers krank war und im Sterben lag, ist sie erschienen. Die Mutter der Kranken hat das Zimmer einen Augenblick verlassen und kommt zurück. Da findet sie die Ahnfrau in dem oben genannten grauen Anzuge über das Krankenbett gebeugt. Bei dem Eintritt der Mutter erhebt sie sich und winkt mit der Hand zum Zeichen, sie solle schweigen. Am andern Tage stirbt die Kranke. Die Ahnfrau ist oft gesehen worden, besonders des Nachts um zwölf Uhr. Einmal sind die Leute Morgens frühe beim Backofen beschäftigt; Einer von ihnen geht ins Haus, da sieht er eine weibliche Gestalt vor sich. Er glaubt, es sei die Wirthschafterin, der er etwas sagen will, und geht ihr nach. Sie führt ihn durch mehrere Zimmer und verschwindet dann plötzlich.


Primaner C. Stichert aus Hornstorf; vgl. Niederh. 2, 247 ff.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 152.
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