200. Klas Panz.

[162] Zwischen den Besitzern der Höfe Cambs und Tatschow bei Schwaan waren in alten Zeiten einmal Grenzstreitigkeiten ausgebrochen, die man nicht anders zu schlichten wußte, als alte, bejahrte Leute, denen man gute Kenntnisse hierüber zutrauen konnte, beschwören zu lassen, wie es vor diesem hiermit gewesen und wo in ihrer Jugendzeit die alten Scheiden gegangen wären. Außer dem alten Bauer Klas Panz aus Tatschow wollte sich Niemand recht zu einem solchen Schwur verstehen. Klas Panz schwur also, und der Besitzer von Tatschow verlor hierdurch ein bedeutendes Stück Land. Klas Panz aber hatte wissentlich falsch geschworen. Dafür mußte nach seinem Tode sein Geist ruhelos auf dem Kannenberge zwischen Cambs[162] und Tatschow umherirren; was noch heute geschieht. Gewöhnlich erscheint der spukende Bauer Klas Panz dort in der Gestalt eines schwarzen Pferdes. Als der Cambser Schäferknecht Christian Meink im Sommer 1798 dicht am Kannenberge die Schafe hütete und auch hier das Nachtquartier für sich und seine Schutzbefohlenen aufgeschlagen hatte, begegnete es ihm mehrere Nächte, daß sein Hund plötzlich mit eingezogenem Schwanze zu ihm in die Hütte hineingewinselt kam und daß die Schafe dann am an dern Morgen aus den Hürden gebrochen waren. Anfänglich hatte der Schäferknecht nicht weiter hierauf geachtet und sich deshalb auch nicht bemüht, den Grund hievon zu erfahren; endlich aber wurde er doch aufmerksam und beschloß deshalb, wenn der Hund des Nachts wieder so ängstlich zu ihm in die Hütte krieche, aufzustehen und einmal nachzusehen, was denn eigentlich recht draußen passire. Als in der nächsten Nacht schon der Hund wieder winselnd zu ihm kam, stand er sogleich auf und sah nun, wie sich ein großes kohlschwarzes Pferd zwischen seinen ängstlich zusammenkriechenden Schafen in den Hürden scheuerte. Schnell erhob er die Hand, um das Roß hinwegzuscheuchen, aber plötzlich hatte es sich in eine menschliche Gestalt verwandelt. ›Was willst du hier?‹ rief dieser der beherzte Schäferknecht jetzt zu. ›Ich bin Klas Panz,‹ sprach die Erscheinung. ›Du kannst mich also erlösen. Im Spätherbste werden hier Pferde auf die grüne Saat des Pastors kommen, worunter auch ich bin, pfände uns alsdann und bringe uns auf die Cambser Pfarre. Die andern Pferde werden hiernach wieder eingelöst werden, während ich zurückbleibe; der Pastor muß dann auf mir in die Kirche reiten und ich bin erlöset.‹ Der Schäferknecht Christian Meink ging am nächsten Tage sogleich zum Cambser Prediger und erzählte ihm Alles, was er in der letzten Nacht erlebt. Dieser konnte sichs nicht deuten, schüttelte ungläubig den Kopf und entließ den Christian Meink endlich wieder. Der Herbst war da; Pferde kamen auf die Saat des Cambser Pastors, wurden gepfändet und auf seinen Hof getrieben. Der Prediger aber kümmerte sich nicht darum und ging nicht hinaus, worauf denn sein Knecht um 1 Uhr des Mittags das Hofthor öffnete und die gepfändeten Pferde wieder laufen ließ.

Ein andermal eggt ein Knecht am Pöhls den Acker. Plötzlich sieht er dort am Wasser ein prächtiges schwarzes Pferd stehen; er[163] geht hinan, spannt es vor die Eggen, was das Thier sich Alles gutwillig gefallen läßt, und fängt nun an tapfer damit loszuarbeiten. Zuerst eggt er das Stück Acker in die Länge. Als er es aber darnach auch ins Kreuz zu eggen beginnen will, reißt sich das Pferd los und stürzt sich mit den Eggen in den See, auf welchem sie nachher noch lange umhergeschwommen haben, da sie Keiner wieder anzurühren wagte.

Wenn zuweilen auch fremde Pferde auf dem Acker beim Pöhls weiden und das Korn oder die Saat arg ruiniren, so wagt es doch Niemand, sie zu pfänden, denn Jedermann fürchtet, daß Klas Panz darunter ist. Und dies soll auch immer der Fall sein, indem sich stets ein gewaltiges kohlschwarzes Roß dazwischen befindet, das Niemand kennt und das keinem Menschen gehört.


Niederh. 4, 100ff.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 162-164.
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