201. Mittelstädt.

[164] Nahe bei Alt-Strelitz, zur Seite der ersten steinernen Brücke von der Alt-Strelitz-Fürstenberg-Berliner Chaussée, liegt ein Ackerstück, Petersschulen genannt. Früher war dort ein ziemlich hoher Berg, der erst bei dem Bau der Chaussée abgetragen wurde. Auf demselben wuchsen viele Haselnußstauden, Dornbüsche, Erdbeeren und dergleichen mehr. In diesem Berge nun soll ein Gebannter, Namens Mittelstädt herumschleichen und erst auf folgende Weise wieder befreit werden können. Zuvor muß nämlich ein Vogel über diesen Acker fliegen, der eine Eichel im Schnabel hat, diese soll er dann hier fallen lassen und hieraus ein Eichbaum entstehen, der hundert Jahre alt werden muß. Dann soll der Baum gefällt und von einem Tischler angekauft werden, der eine Wiege daraus verfertiget. In diese Wiege muß dann ein kleines Kind gelegt werden, das dann später über die Stelle, wo der Gebannte sich aufhält, läuft; alsdann ist der verbannte Mittelstädt erst wieder erlöset. Auch soll der Genannte den Leuten, die hier früher herkamen, um Haselnüsse und Erdbeeren zu sammeln, auf den Buckel gesprungen sein und so lange darauf gesessen haben, bis sie endlich den Platz verließen. Der Grund, weshalb Mittelstadt hier verbannt hauset, ist nicht bekannt.


Niederh. 2, 118.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 164.
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