230. Das Todtenduell in Alt-Gaarz.

[184] Auf der Halbinsel Wustrow lebte vor 150 Jahren ein reicher Gutsbesitzer, Herr von der K..... Er war zugleich Patron der Kirche zu Alt-Gaarz und hatte das Recht, zu Wagen auf den Kirchhof zu fahren. Noch jetzt bezeichnen vier eiserne Ringe die Stelle, wo man die Pferde festband. Das Recht verdroß den Herrn von P....., damaligen Erbherrn auf Mechelsdorf. Einmal fuhr er zur Kirche, und Herr von der K. war nicht da. Da befahl er seinem Kutscher, auf den Kirchhof zu lenken und an der Kirche anzuhalten. Herr von der K. erfuhr diesen Eingriff in sein Recht noch am selbigen Tage und setzte sich zu Pferde, von einem Diener begleitet,[184] um Herrn von P. zum Duell zu fordern. Herr von P. nahm eine Pistole, trat hinaus und schoß sie ab. Die Kugel traf Herrn von der K. und entseelt stürzte er vom Pferde. Der Mörder ließ den Leichnam nach Alt-Gaarz schleifen und dort auf die Dünen werfen, wo ihn die Leute von Wustrow fanden. Er wurde nach seinem Schlosse gebracht und wenige Tage darauf in der Familiengruft beigesetzt. Aber auch Herr von P. starb kurz darauf und wurde ebenfalls in der Alt-Gaarzer Kirche, nicht weit vom Altare, begraben. Seit der Zeit vernahm man immer Waffenruf und Schwerterklang in der Kirche, bei Tage wie bei Nacht. So wie aber Jemand hineintrat, war es still. Niemand wagte sich endlich mehr in die Kirche hinein und man sah sich genöthigt, die beiden Leichen zu trennen, indem man den Herrn von P. nach Wismar überführte. Seitdem ist Ruhe in der Kirche zu Alt-Gaarz.


T. Pechel bei Niederh. 2, 114ff.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 184-185.
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