1.

[192] Ein Nachtwächter zu Stargard hört, als er seine Runde in der Nacht macht und zu den Neubrandenburger Scheunen kommt,[192] von einer nahen Mauer her ein ängstliches Geschrei. Er hält es für seine Pflicht, sich näher zu begeben, und da sieht er denn auf der Mauer ein Männlein wanken, das immer fort gerufen hat ›Hilf mir! Hilf mir!‹ Er fragt ›Womit soll ich helfen?‹ Aber siehe, das Männlein gibt keine Antwort. ›So sage mir doch, auf welche Weise kann ich dir helfen?‹ fragt der Nachtwächter wiederholt, aber außer dem Hilferuf gibt das Männlein keine Rede, und Ersterer wendet sich zuletzt von ihm ab. Aber in den folgenden Nächten wiederholt das Männlein seinen Hilferuf immer angstvoller und da hat denn endlich der Nachtwächter gesagt ›Ich kann dir nicht helfen, so helfe dir denn Gott Vater, Sohn und heiliger Geist!‹ Kaum hat das Männlein dieses Wort vernommen, so hat es dem Wächter gedankt und ist dann unter Jauchzen vor seinen Augen gen Himmel gefahren.


F.C.W. Jacoby bei Niederh. 2, 231.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 192-193.
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