290. Schimmel kommen die Treppe herauf.

[224] Auf einem Gute war die Frau des Gutsherrn gestorben und in einer nahen Kapelle beigesetzt worden. Schon mehrere Abende hatte der Diener an der Thür einen ächzenden Ton vernommen. Als er endlich fragte, wer da sei, antwortete es ›Ich, die gnädige Frau, ich verlange Einlaß.‹ Bestürzt theilte der Diener dies seinem Herrn mit. ›Du Narr,‹ sagte dieser lachend, ›eher würden meine beiden Schimmel die Treppe heraufkommen, als daß ein Todter wiederkommt.‹ Kaum hatte er das gesagt, so tappten die Schimmel die Treppe herauf. Als man die Thür öffnete, war nichts von der Frau zu sehen. Die Schimmel aber waren nicht herunter zu bringen und sahen versteint noch in späten Zeiten aus dem Dachfenster.


Lehrer F. Haase in Rostock.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 224.
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