298. Geist besorgt die Pferde.

[229] In dem Dorfe Rittermannshagen lebte vor Jahren ein Bauer, (aus Rücksicht für seine Nachkommen verschweige ich den Namen), dessen Pferde sich vor allen andern des Dorfes durch ihre Wohlgenährtheit auszeichneten. Die Leute im Dorfe zerbrachen sich die Köpfe darüber, woher es komme, daß des Bauern Pferde immer[229] glatt und fett seien, konnten aber nicht dahinter kommen. Nun hatte der Bauer einen Großjungen, dessen Geschäft es war, die Pferde zur Nacht abzufüttern. Der Junge war sehr schläfrig, und eines Abends, als der Knecht sich zu Bette begeben wollte, fand er den Jungen auf der Ofenbank fest eingeschlafen. Da denkt der Knecht ›Der alte Junge ist müde, laß ihn schlafen und füttere du nur selbst ab.‹ Er thut's und begibt sich darauf zu Bette. Als der Junge erwacht und sieht, daß das Licht in der Stube schon ausgelöscht ist, hat er nichts Eiligeres zu thun, als sich nach den Pferden umzusehen. Er sucht sich einen Kienspan und geht damit nach der Küche, um ihn daselbst anzuzünden. Auf dem Herde findet er noch einige Kohlen und neben denselben ein kleines graues Männchen, welches zu ihm sagt ›Ik heff all faudert.‹ Der Junge achtet nicht weiter auf diese Rede und geht nach dem Stalle. Da hört er denn, daß die Pferde im vollen Fressen sind; und als er nachsieht, findet er die Krippe mit dem schönsten Weizen gefüllt. Jetzt geht dem Jungen ein Licht auf. Schnell kehrt er nach der Küche zurück, um das kleine Männlein genauer zu betrachten. Er fand es nicht mehr vor, wohl aber bekam er von unsichtbarer Hand eine so derbe Ohrfeige, daß er dreimal rundum geht.


Küster Schwartz in Bellin, nach Erzählung seines Schwiegervaters.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 229-230.
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