300. Pferde festmachen.

[231] Es haben eines Tages eine Anzahl Hœcker am Landwege gehakt, da kommt ein Fuhrmann angefahren. Der eine der Hœcker, der das Festmachen versteht, sagt zu den andern, ob er den Wagen mal festmachen soll? Seine Kameraden warnten ihn, wozu er den Menschen anhalten wolle, er solle ihn ruhig fahren lassen. Doch er ließ sich nicht rathen, sprach im Stillen seine Zauberformel und sofort stand der Frachtwagen und die Pferde konnten ihn auf dem ebenen Wege mit Aufwendung aller Kraft nicht wieder losziehen. Der Fuhrmann aber war auch nicht dumm, er merkte sogleich, um was es sich hier handle und wandte sich an die Hœcker mit der Bitte, man möchte ihn ruhig fahren lassen; er habe ja Niemandem etwas zu Leide gethan, wozu sie ihn aufhalten wollten. Doch sein Zureden half nichts, jener Hœcker stand und sah lachend zu, wie die Pferde sich vergeblich abmühten. Aber der Fuhrmann wußte auch was; er ging rund um sein Fuhrwerk herum, hing dann seinen Mantel am Wagen auf und begann mit dem Stiel seiner Peitsche aus Leibeskräften auf diesen Mantel loszuprügeln. Alsbald aber fing der Hœcker an zu springen und sich vor Schmerz zu krümmen, er schrie dem Fuhrmann zu, mit dem Prügeln aufzuhören; dieser aber prügelte den Mantel erst eine geraume Zeit, und sowie er damit aufhörte, beruhigte sich auch der unsichtbar[231] bestrafte Ackersmann. Der Fuhrmann fuhr nun ohne alles Hinderniß wieder seines Weges.


Wirthschafter L. Thilo in Neuheinde bei Lage.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 231-232.
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