31. Mutter Gauerken bringt die Pest.

[25] In Rankendorf und Grevenstein bei Dassow brach einst die Pest aus. Das hing aber so zusammen. Auf der Grevensteiner Mühle waren eines Abends spät der Geselle und ein Lehrbursche beschäftigt, Mehl zu mahlen, das sie am anderen Tage nach Pohnsdorf bringen sollten. Des Nachts steckt der Bursche einmal den Kopf zur Thür hinaus und hört in der Nacht ein Geheul wie von Hunden. ›Hür,‹ ruft er dem Gesellen zu, ›nu kümmt Gauerken Mutter mit de Hunn.‹ Der Geselle springt an die Thür und sieht eine rabenschwarze Wolke über Pohnsdorf langsam heraufziehen und hört aus der Wolke rufen ›O Pohnsdorf, wie wird dir's gehn.‹ Der Geselle bedachte, daß die Pohnsdorfer bei ihm mahlen ließen und mocht' ihnen nichts Böses gönnen, rief daher der Wolke zu ›Ei, so wend' dich nach Rankendorf und Grevenstein.‹ Da platzte die Wolke auseinander und[25] ein Stück ließ sich über Rankendorf, das andere über Grevenstein nieder. Tags darauf brach an beiden Orten die Pest aus. Der Lehrbursche aber hatte geplaudert; der Geselle wurde ergriffen und sollte verbrannt werden. Doch Mutter Gauerken hatte Erbarmen mit ihm; als man ihn zum Scheiterhaufen führte, hörte die Pest plötzlich auf und vor Freude darüber ließ man ihn leben.


Hauswirth Tretow in Tramm, durch Hilfsprediger Timmermann mitgetheilt.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 25-26.
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