320. Schatz brennt.

[245] Vor vielen Jahren lebte in Schwerin ein alter Fischer, Namens Hollien, der die großen Wadenzüge auf dem Pinnower See zur großen Winterfischerei pachtete. Einst ruhte er von seiner Arbeit aus, als er nicht weit von der Landungsstelle an der Fischerinsel im Pinnower See ein blaues Flämmchen sich aus der Erde erheben sah. Er nähert sich der Stelle und sieht massenhaft Gold und Silber aufgehäuft. Da kam ihm der Gedanke, seine ziemlich große Kahnschnecke1[245] zu holen. Schon hatte er zweimal mit übervoller Schnecke den Weg zum Kahne zurückgelegt und war im Begriff, sie zum drittenmale mit Gold zu füllen, als ihm eine Stimme zurief, sich zu begnügen, es werde ihm sonst namenloses Unglück bringen. Entsetzt blickte er um sich, gab aber der Warnung Gehör und ruderte zurück, brachte das Geld in Sicherheit und lebte als ein wohlhabender Mann weiter.

Eines Tages arbeitete ein Tagelöhner aus Godern, Namens Niebuhr, im Auftrage des Pinnower Fischers auf der Insel, und wie er einmal beim Graben aufschaute, kam ein weißes Hündchen auf ihn zugesprungen. Daß es kein gewöhnlicher Hund war, konnte der Arbeiter sich denken; er nahm einen Stein und warf nach dem Thiere, worauf es alsbald verschwand. Kurze Zeit darauf geht Niebuhr allein zur Arbeit, als ihm eine Stimme zuflüsterte, es liege ein unermeßlicher Schatz auf der Fischerinsel vergraben, den zu heben er bestimmt sei. Er solle in der nächsten Mitternacht, völlig nackt, die Insel dreimal umkriechen, dann sei der Schatz sein Eigen. Niebuhr aber entsetzte sich und wagte es nicht.


Präpositus Schenke in Pinnow bei Schwerin.

1

Man versteht darunter ein Instrument, einer großen Kelle mit kurzem Stiele ähnlich, womit die Fischer das Wasser aus dem Kahne schaufeln.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 245-246.
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