324. Hund als Schatzhüter.

[248] In Rostock lebte ein alter Invalide, der kam eines Abends von einem Spaziergang vor der Stadt zurück und sah in einiger[248] Entfernung eine bläuliche Flamme, und wie er darauf zuging, einen großen Hund bei dem Feuer. Er erkannte, daß hier Geld brenne, nahm den Hund, legte ihn bei Seite und füllte seine Taschen mit Geld, ohne daß der Hund Miene machte, sich zu widersetzen. In die Stadt zurückgekehrt, legte er das Geld bei einem Kaufmann in der Kröpeliner Straße nieder. Als er es aber von ihm wieder abholen wollte, weigerte sich der Kaufmann, indem er behauptete, kein Geld erhalten zu haben. Die Sache kam vor Gericht und da man dem Kaufmann mehr Glauben schenkte als dem armen Invaliden, der keinen Zeugen gehabt hatte, so wurde er ins Gefängniß geworfen. Da kam eines Abends der Hund zu ihm und sagte ›Willst du mein sein, so will ich dich retten.‹ Der Invalide sagte Nein. Das wiederholte sich am andern Abend. Am dritten sagte der Hund, es werde dem Invaliden sein Todesurtheil gesprochen werden, dann solle er sagen, wenn er auf dem Richtplatz angekommen ›Mein Advocat kommt noch.‹ So geschah es auch, und kaum hatte er die Worte gesprochen, als über den Berg ein Reiter in rother Kleidung auf einem Schimmel geritten kam. Der bat die Richter, mit ihm zu kommen, und führte sie in des Kaufmanns Haus, wo man das Geld versteckt fand. Mit dem Kaufmann aber war der rothe Reiter plötzlich verschwunden.


Lehrer Fr. Haase in Rostock.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 248-249.
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