334. Schatzgraben in Ziesendorf.

[255] Vor vielen Jahren lebte auf dem Gute Ziesendorf bei Rostock ein Gutsbesitzer, Namens Helms. Dieser hört einmal von einem Schatze, der in dem bei seinem Gute gelegenen Holze in der Erde vergraben liege. Zugleich wird ihm die Kunde von einem klugen Manne in Bützow, der die Kunst verstehe, Schätze zu heben. Helms sendet zu ihm; der Schatzgräber erklärt sich bereit, wenn ihm die Hälfte zufalle. Sie gehen an das Werk und der Schatz kommt zum Vorschein. Auf den Rath des Mannes kehren sie bis auf Weiteres nach Hause zurück. Hier öffnen sie die Fenster der Wohnstube, stecken sich ein Pfeifchen an, vertreiben sich die Zeit durch lebhafte Unterhaltung und warten der Dinge, die da kommen sollen. Es währt nicht lange, da spazieren die Geldrollen durch die offenen Fenster herein. Da bietet Helms dem Schatzgräber nur einen Theil der versprochenen[255] Hälfte. Der Schatzgräber geht zürnend und drohend fort, das Geld werde ihm zum Unheil gereichen. Und siehe! Die Geldrollen verwandeln sich in Sand; dem Gutsbesitzer werden seine Nägel an Händen und Füßen schwarz und bald darauf stirbt er. Aber auch im Grabe hat er noch keine Ruhe, sondern verursacht in der Capelle, in der er beigesetzt wurde, gräßlichen Lärm und Rumor. Mehrere wollen ihn noch in den verschiedensten Gestalten gesehen haben.


Seminarist L. Krohn.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 255-256.
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