342. Die goldene Wiege im Bollberg.

[263] In der Niederung, welche sich längs der Sude bis an ihre Mündung hinzieht, erhebt sich bei dem Dorfe Gothmann eine etwa eine Viertelstunde lange Hügelreihe. Der östlichste dieser Hügel ist der größte und heißt der Bollberg. Hier stand einst eine Raubritterburg, die aber zerstört wurde. In dem Berge ist noch eine goldene Wiege. Einmal am Abend vor Ostern holten einige Männer und Frauen Sand vom Bollberg. Beim Graben stieß ein Bauer mit dem Spaten auf einen harten Gegenstand, der einen metallischen Klang gab. Sie begannen nun eifrig den Sand wegzuräumen und fanden wirklich die Wiege auf. Einer von ihnen lief ins Dorf zurück, um einen Wagen zur Fortschaffung der Wiege zu holen. Da rief plötzlich hinter ihnen eine tiefe Stimme ›Ho ho, ut'n Węg!‹ Erschrocken drehten sich Alle um und sahen eine Elster, die einen vierspännigen Heuwagen grade auf sie losfuhr. ›Herr je,‹ rief der eine Sandgräber, ›gat'n Düwel ut'n Węg.‹ Da sank die Wiege in den Berg zurück, denn das Stillschweigen, das beim Schatzgraben nöthig ist, war gebrochen.


Lehrer Lübstorf in Raddenfort. Nach anderer Aufzeichnung von Seminarist H.W. sieht einer der schatzgrabenden Bauern einen beladenen Heuwagen, von acht El stern gezogen, um den Berg jagen. Er lacht und sagt ›Kik, wat is dor los?‹ Nach dritter Version, ebenfalls von H.W., sieht der Bauer den Teufel eine seiner Kühe her leiten; als er auch jetzt schweigt, holt der Teufel des Bauern Frau. Da ruft dieser ›Wur will denn dei Düwel mit min Fru hen?‹ worauf Alles verschwindet.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 263.
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